Die informationstechnologische Evolution des Menschen

1 Smart Citys und Netoide 3

1.1 Netoide 4

1.2 Chinas gewalttätiger Wandel 5

1.3 Wie geht es weiter? 7

2 CRISPR/Cas, die „editive“ und die „synthetische“ Biologie 7

2.1 Editive Biologie 8

2.2 Die Verbreitung von CRISPR/Cas 9

2.3 Ethik, Wissenschaft und Kontrolle 9

2.3.1 „Genome Editing“ und „synthetische Biologie“: Bewusste Missinformation 10

2.4 Genom-Edition: Chance oder Gefahr? 12

2.4.1 Konformation 12

2.4.2 DNA-Konformation 13

2.4.3 Zirkulierende DNA 14

2.4.4 DNA Antikörper 14

2.4.5 Wie unterscheidet das Immunsystem zwischen „Selbst“ und „Fremd“? 14

Humorale Immunität 14

Zelluläre Immunität 15

Durch DNA-Antikörper ausgelöste Krankheiten 15

2.4.6 CRISP-editierte DNA und Proteinsynthese 16

2.4.7 Zusammenfassung 17

2.5 Ei vom Mann, Sperma von der Frau, Embryo von CRISPR/Cas, Genom aus dem Labor – die neue Menschheit 18

2.5.1 Genome Editing und Synthetische Biologie 18

2.5.2 Embryologie und neue Menschheit 20

2.5.3 Wann wird ein Embryo ein Mensch? Biologische Überlegungen zur Ethikdebatte 20

2.5.4 Woher kommen in Zukunft die Eizellen? – von Männern? 23

2.5.5 Woher kommen in Zukunft fertile Spermien? – auch von Frauen 24

2.5.6 Ausblick 26

Ist ein solches Vorgehen „gegen die Natur“? 27

Moral und Ethik 27

„Schrecklich“? 27

2.6 Menschwerdung außerhalb des Menschen – Ektogenese 27

2.6.1 Frühestgeborene/ektogenetische Feten 29

2.6.2 Ausblick 30

Beziehung Mutter Kind? 30

„Erbgut reproduzieren“ versus „Identisches 31

klonen“ – „Individualrasse“ versus 31

2.7 „Individualkopie“ 31

2.7.1 Die große Frage der gegenwärtigen Forschung am Menschen: „Individualrassen“ 31

2.7.2 Klonen von Menschen 31

2.7.3 Die Zukunft der Menschen 32

3 Arbeit/Industrie 4.0, maschinelle Robotik, Grundeinkommen 32

3.1 Der gegenwärtige Übergang 33

3.2 Besitz, Eigentum und Wirtschaftssystem der „New Economy“ 35

3.2.1 Die „New Economy“, eine digitale Tauschgesellschaft 36

3.2.2 Was wird den Menschen in der Gesellschaftsordnung der digitalisierten Welt angeboten? 39

3.2.3 Mobilität und kollaborativer Verkehr 40

Betrug an einer Idee 42

3.3 Robotik 42

3.3.1 Mikrorobotik und Bionic Learning 43

3.3.2 Robotik zu Hause und in der Pflege 44

Wer ist Asimo? 44

Wer ist Nao? 45

Wer ist Pepper? 46

Wer ist Romeo? 47

Wer ist Chihira? 47

Wer ist Care-o-bot 4? 47

Was sonst noch geht … 48

Kindheit, Jugend, Bildung 48

Ältere Menschen 49

3.3.3 Robotik und Bankwesen 50

3.3.4 Humanoide Roboter 51

Scarlett Johansson als Roboter 51

Robotik-Filme 52

Robotik und Sex 52

3.3.5 China: Roboter als totalitäre Polizei, Überwachung und Kampfroboter 52

3.3.6 Killer-Roboter: Sie werden programmiert und sie werden es tun 53

3.3.7 Chirurgie mit Robotern oder „computerassistierte Chirurgie“ (CAS = computer assisted surgery) 56

4 Digitale Medizin 58

4.1 Einführung 58

4.2 Elektronische Patientenkarte 59

4.3 Digitales Tracking von Gesundheitsdaten in „Wearables“: die Vermessung des Menschen 59

4.4 Gesundheits-Apps 60

4.5 Digitalisierte medizinische Bilderwelt: automatische medizinische Bildanalyse (AMI) 62

4.6 Cyborgs in der künftigen Medizin 63

4.6.1 Elektronische Chip(Transponder)-Implantate als Cyborg-Modifikation 65

4.6.2 Welche Chipimplantate sind bis jetzt verfügbar? 65

4.6.3 Chip-Transponder als „Lebensretter“: Notfallausweis 66

4.7 Ein neues ambulantes medizinisches Versorgungssystem mit artifizieller Intelligenz 68

4.7.1 Ablösung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung: Neues Qualitäts- und Honorarsystem 69

4.7.2 Lösungswege 69

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Der folgende Aufsatz verdeutlicht meine eigenen Überlegungen zu dem rasanten Evolutionsprozess, in dem die biosoziale und informationstechnologische Ordnung von Mensch und Welt begriffen ist. Dabei habe ich festgestellt, dass die bisherige Etappe der biosozialen Evolution des Menschen und der Natur auf der Erde vom Ursprung der „Selbstorganisation der Materie“ (Manfred Eigen, dargestellt in meinem Lehrbuch „Endokrinologie I“, Urban und Schwarzenberg, München) übergeht in eine neue zweite Etappe, die ich die „informationstechnologischen Evolution“ nennen möchte. Diese Evolution wird das bisher als natürlich“ (= natural) Bezeichnete in eine transnaturale Organisation der Ordnung von Natur, Mensch und Gestalt der Erde überführen.

Smart Citys und Netoide

Im November 2015 beschäftigte ich mich am Beispiel der südkoreanischen Planstadt Songdo mit der Smart-City-Strategie der Überwachung. Mittlerweile beginnen jedoch auch Friedrichshafen, St. Gallen und Winterthur, das Leben ihrer Bürger zu speichern und zu analysieren, um die in Anspruch genommenen staatlichen und elektronischen „Lebenskosten“ zu rationalisieren.

Anfang 2016 konnte man in einem Artikel der Süddeutschen lesen, dass eine solche Digitalisierung in Form von vernetzten Stromzählern zukünftig in alle deutschen Haushalte einziehen soll.

Der in diesem Artikel zitierte Informatik-Professor Ulrich Greveler von der Hochschule Rhein-Waal in Kleve schreibt:

„Anhand der Daten über den Stromverbrauch könne man herausfinden, wann Personen aufstehen oder ob sie nachts aufs Klo gehen. Würden die Daten ‚feingranular‘ erhoben, also im Sekundentakt, könnten Kenner aus ihnen sogar ablesen, durch welche Räume sich ein Bewohner bewege oder welchen Film er schaue: Selbst die Bildschirmhelligkeit eines Fernsehers ließe sich genau nachvollziehen.“

Die Daten seien zwar gesichert, aber:

„Faktisch ist es in Deutschland nicht möglich, der Digitalisierung zu entfliehen.“

Nur: Zu „Risiken und Nebenwirkungen“ kann man niemanden befragen. Für den verwalteten Bürger ist die Smart City zugangslos und der Bürger weiß nicht, was mit seinen Daten geschieht.

Songdo lässt grüßen.

Allgemeine Informationen zum Smart-City-Konzept finden sich beispielsweise auf Wikipedia. Weiter empfehle ich, einen Artikel in der WELT zu lesen. Dort wird die transnationale Macht und gefährliche Dominanz der vier großen Big-Data-Konzerne beschrieben.

Ich arbeite mit einem Studenten an seiner Masterarbeit zum Thema „Nation Branding“ und Marketing. Dazu schrieb ich ihm: „Über die gesellschaftlichen Folgen für die Menschen in der neuen ‚IT-Verwaltungswelt‘ muss man nachdenken und schreiben.“

Mein Text dazu beschreibt, wo die Welt mit ihren Bewohnern hingeht, weit, weit jenseits von trivialem Marketing.

Netoide

„Nationen“ im klassischen Sinne wird es bald nicht mehr geben, sondern Staatssurrogate jenseits der klassischen Landes- und Nationsgrenzen, ihrer Parlamente und Regierungen. Ich habe dies „Netoide“ genannt, also transnationale IT-Staatssurrogate.

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Diese werden in Kürze mehr Macht haben als die Regierungen und Parlamente klassischer Nationen. Fraglich bleibt, wie Diktatoren sich in diesen Konstrukten halten werden, denn „Transparenz“ wird ja ein Anliegen in Netoiden werden können, wie Dave Eggers in seinem Buch „The Circle“ darstellt.

Die „Großen Vier“ haben gerade neue Öffnungsstrategien formuliert. Diese werden aber so aufgebaut werden, dass eine „Machtübernahme“ ungehindert ablaufen kann.

Die CEO entziehen sich bis jetzt jeder politischen Kontrolle. Regierungen und Parlamente in Demokratien sind immer noch abhängig von der Gunst der Wähler und damit in gewisser Weise berechenbar. Die großen IT-Unternehmen sind nur ihrem Kapital Rechenschaft schuldig. Sie agieren nach meiner Interpretation eigentlich wie klassische Diktaturen, die sich in demokratischen Ländern ausbreiten.

Die „Großen Vier“ sind in der Realisierung der Smart City entweder noch nicht oder nur im Stillen involviert. In Songdo sind es IBM, Cisco, Siemens und andere IT-Großkonzerne.

Nationen brauchen kein Branding mehr; sie werden verdünnt und dann verschwinden sie oder bleiben regionale Verwaltungsbezirke. Interessant wird, wie China sich in dieser Welt präsentiert.

Chinas gewalttätiger Wandel

Chinas neues gigantisches Gewaltprojekt: 250 Millionen werden gezwungen, in die Stadt zu ziehen.

Unter Maos mörderischem Regime (45 Millionen Tote) wurden Millionen von Chinesen gezwungen, von der Stadt aufs Land zu ziehen. Nun kommt genau die entgegengesetzte Entwicklung – und wieder mit unbarmherziger Staatsgewalt. Unter Jinping, dem neuen chinesischen Gewaltherrscher (seine Kinder leben mit Panama-Geld im demokratischen Ausland), werden nun 250 Millionen Menschen gezwungen, ihre ländliche Heimat zu verlassen und in die neuen chinesischen Megacitys zu ziehen.

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Die Welt von gestern wird zum Abbruch freigegeben.

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In der Riesenstadt Zhengzhou wächst ein „Betonwald“ auf dem Weg zur Gigacity und so geht es auch anderen Städten.

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Dies beschreiben ein Portfolio der Neuen Zürcher Zeitung vom Mai 2016 sowie ein Artikel in der WELT vom April 2015.

250 Millionen Menschen werden dabei politisch in eine neue soziobiologische Ordnung gezwungen.

Es beginnt ein gigantischer politischer Kampf um die neue Weltordnung. China hat das größte Menschen- und Ressourcenreservoir, das es sich gerade durch die weltweite „Besetzung“ von strategisch wichtigen Regionen in der Welt sichert.

Warum lässt sich der Westen diese Expansionen gefallen? Noch sind die USA technisch überlegen, aber wird die neue Weltordnung unaufhaltsam chinesisch?

Wie geht es weiter?

Gegen dieses „Monstrum“ China kann Europa nur noch wenig tun. Europa wird für eine Weile der wissenschaftliche und technische Vorhof für die Nation China. Und wenn China oder sogar „Chindia“, also der sich gerade bildende wirtschaftliche Interessensgigant aus China und Indien, alles aus dem Westen aufgesaugt, „leergesaugt“ haben wird, wird er Europa verhungern und austrocknen lassen. Ob es deswegen einen Krieg zwischen Chindia und den USA geben wird, bleibt abzuwarten: Leicht werden die USA ihre gegenwärtige Wirtschafts- und politische Vormacht nicht aufgeben.

Die populationsrelevante Entwicklung in den Chindia-Netoiden wird von genmodifizierten Menschen bestimmt, an denen dort gegenwärtig schon geforscht wird. Welche Art von neuen Menschenrassen entstehen wird, ist mir noch unklar. Zunächst wird das „Genetic Editing“ der neuen Menschenrassen mit dem gegenwärtig denkenden Gehirn getestet.

Ich sehe eine heterogene Menschenrasse entstehen und vermute, dass Chindia dann West-, aber wohl auch Osteuropa mit einer genmodifizierten Kreuzung aus Europäern und Chindia-Menschen besiedeln wird, die ich „Euro-Chindoide“ nennen möchte. Diese werden auch in die restliche Welt migrieren, sofern dort Netoide entstanden sind.

Diese neue Bevölkerung wird in smarten Mega-/Gigacitys wohnen und von Netoiden regiert werden.

Mit dem Übergang in die „Neue Welt“ verabschiedet sich die neuere Menschheitsgeschichte (Jetztzeit) vom „Abendland“ und seiner Geschichte. Es ist das Ende der postgriechischen Philosophie und ihrer sozialen Denk- und Gesellschaftsentwürfe. Die „Neue Welt“ verlässt die Ideale der französischen Revolution (Liberté, Egalité, Fraternité). Und sie wird ohne die Deklaration der Menschenrechte auskommen, weil diese nicht mehr benötigt werden. Sie werden durch neue anthroposoziale Regulative ersetzt:

Demokratie wird ersetzt durch eine neue „Smart Governance“ der mit Netoiden in Mega-/Gigacitys verwalteten Menschen. Der bisherige Freiheitsbegriff des modernen „Citoyen“ wird abgelöst durch neue Grundrechte in der komplett überwachten Smart-Governance-Welt.

Das Individuum erfährt eine neue Dimension des soziobiologischen Seins. Es wird eine neue Definition der ganz persönlichen, intimen Freiheit in überwachten und regulierten Lebensräumen geben müssen.

Etwas später beginnt die „Nachzeit“. Diese geht nach und nach über in eine Neuorganisation der Erde und ihrer „Welt“ mit der Evolution der informationstechnologischen artifiziellen Intelligenz und ihrer Handlungsroboter.

Die neuen Menschenrassen werden neue Planeten besiedeln, an den Weltraum adaptiert durch „Genetic Editing“. Das „biologische Zeitalter“ geht dann in das „kosmische Zeitalter“ über.

CRISPR/Cas, die „editive“ und die „synthetische“ Biologie

CRISPR/Cas wird gegenwärtig als Meilenstein, als Zeitenwende in Wissenschaft und Forschung der Menschheitsgeschichte eingestuft. Aber vergessen wir nicht: Es gibt einen weiteren, bisher kaum zur Kenntnis genommenen und noch kühneren Meilenstein, die „synthetische Biologie“.

Wir haben es also mit zwei neuen Dimensionen der Soziobiologie des Menschen zu tun,

  • der editiven Biologie und
  • der synthetischen Biologie.

Editive Biologie

Beginnen wir zunächst mit der editiven Biologie. Editieren heißt „umändern, umgestalten“, es geht also darum, die Biologie der DNA umzugestalten. Die Epigenetik ist dabei noch nicht berücksichtigt; ich werde weiter unten darauf zurückkommen.

Für die editive Biologie wurde ein neues Instrument entdeckt: CRISPR/Cas.

Wie kommt es dazu und was ist CRISPR/Cas, was bedeutet dieses Akronym?

Es stammt ursprünglich von Francisco Mojita, das System wurde im Jahr 1993 erstmals von ihm in Alicante beschrieben. Hier findet sich ein Überblick.

Interessant ist die Entdeckungsreise in der folgenden Abbildung: Man findet durchaus Orte in Deutschland, bevor das System einer „programmierbaren RNA-geführten DNA-Endonuklease“ in der adaptiven Immunologie bei Bakterien dann erneut im August 2012 von Jennifer Doudna und Emmanuelle Charpentier in Science publiziert wurde. Die grundlegende Entdeckung genau dieses Systems geht jedoch auf Mojita zurück. Und das bakterielle Immunsystem wurde erstmals bereits 2003 in einem Labor von Rodhia Food in Saint Romain bei Paris, das sich mit Bakterien in Käse, Joghurt und Mozzarella beschäftigte, entdeckt und untersucht.

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Der Hype, der im Jahr 2012 Jahren von Doudna und Charpentier ausgelöst wurde, hat also viele forschende Vorgänger, deren Namen nicht genug gewürdigt wurden. Entdeckt wurde das System nicht von denen, die heute die größte Aufmerksamkeit erhalten und die Geschäfte machen. Den bereits vorausgesagten Nobelpreis haben gewiss andere mitverdient.

Ich empfehle allen, die sich dafür interessieren, die wahre Geschichte zu lesen, beschrieben vom renommierten Eric Lander.

Es ist also nicht richtig, wenn die ZEIT in Ausgabe 27/2016 Frau Charpentier als „Entdeckerin“ feiert, die die Welt verändert. Das wird CRISPR/Cas sicher tun, aber andere waren die Vorreiter.

Die Verbreitung von CRISPR/Cas

Wichtig war und ist mir die Feststellung, dass diese tief in die zukünftige menschliche Gesellschaft reichende Forschung sozusagen jedem zur Verfügung steht. Das ist offenbar in der öffentlichen Wahrnehmung und den Diskussionen in Komitees übersehen worden. Im Gegensatz zu anderer dramatischer Forschung, z. B. der Kernspaltung, befindet sie sich nicht mehr in den Händen weniger hochausgerüsteter Laboratorien und unter politischer Verantwortung.

Bald wird sie wie auch AI und Robotik zu jedem nach Hause kommen. Jeder kann sich heute CRISPR/Cas mit einem käuflichen Kit besorgen, dessen Hersteller und Verbreitung ich in meinem Artikel beschrieben habe, und er kann sich in die genetische Gestaltung von pflanzlichem (grün), zellulär-tierischem und menschlichem Leben (rot) einmischen, ohne wissenschaftliche Experten zu befragen, ohne Komitees und Politik.

Vor kurzem habe ich geschrieben:

„Jeder Biologiestudent auf der ganzen Welt kann sich zu Hause in seiner Küche ein entsprechendes Labor einrichten“.

Wenn das möglich ist, und das ist meine Hauptsorge, kann darüber keine gesellschaftliche Institution entscheiden, auch wenn in der Öffentlichkeit der Eindruck vermittelt werden soll, als ob diese Einrichtungen die Hoheit darüber hätten. Diese Forschung ist meiner Ansicht nach der wie auch immer gearteten Überwachung und Kontrolle entlaufen. Darauf komme ich gleich zurück.

Ethik, Wissenschaft und Kontrolle

Am Mittwoch, den 22.6.2016, tagte der Deutsche Ethikrat unter dem Etikett „Zugriff auf das menschliche Erbgut. Neue Möglichkeiten und ihre ethische Beurteilung“ zum Thema CRISPR/Cas. Ein offizielles Kommuniqué dieser Institution habe ich noch nicht gefunden, wohl aber Presseberichte. Der Artikel in der ZEIT von Sigrid Graumann, Prorektorin an der Evangelischen Hochschule Rheinland-Westfalen-Lippe, Mitglied im Ethikrat, wirkt ausgewogen, zeigt aber die Grenzen der Teilnehmer dieses Ethikrates.

Die Vertreter der Religionen, die Theologen, sollte man fernhalten aus Gesellschaft, Wissenschaft, Politik und Erziehung. Gott und die Religiosität gehören wie die Sexualität in den intimen persönlichen Bereich eines Menschen, wenn er daran Bedarf hat. In allen anderen Bereichen sollten Religion und Theologen prinzipiell außen vor bleiben, denn die Religionen und ihre theologischen Vertreter haben bisher in der Menschheitsgeschichte nur Unheil angerichtet.

Man darf Gott und Religionen nicht mit Ethik verwechseln. Dies hat auch der Dalai Lama so verstanden und verkündet.

Die ethischen Grundsätze, die von allen Menschen unabhängig von ihren Weltanschauungen zum Verständnis ihres gesellschaftlichen Lebens akzeptiert werden könnten, sind in der Illusion des „Weltethos“ zusammengefasst. Die Menschheit bräuchte nicht mehr und nicht weniger, um „vernünftig“ miteinander umzugehen (was sie aber ex natura nicht tut).

Gerade wegen der Präsenz der für die moderne Welt der Wissenschaften inkompetenten Theologen konnte der Ethikrat keinerlei wichtige Beschlussfassung über das zukünftige Wesen und den Willen der Gesellschaft beschließen. Ich bin grundsätzlich dagegen, dass sich Religionsvertreter mit der biosozialen Zukunft der Menschheit beschäftigen. Sie bringen in eine dringend wichtige gesellschaftliche und politische Diskussion nur die Liturgie ihrer altbekannten Bedenklichkeitskultur der Angst ein.

Auch Nowak, ein hochgeachteter Biologe, erliegt der in meinen Augen für einen Wissenschaftler absurden Versuchung, mit dem Glauben an Gott könne man das Schicksal der Menschheit beeinflussen.

In der gegenwärtigen Welt schreitet die biosoziale und wissenschaftliche Koevolution aber ohne den Einfluss von Religionen, Komitee-Sitzungen, Sitzungen von Ethikräten oder Politik fort, weil Wissenschaft aus meiner Sicht „unkontrollierbar“ ist.

Wie in allen früheren modernen wissenschaftlichen und gesellschaftsumwälzenden Bereichen sehe ich eine „Kontrolle“ nicht mehr direktiv (siehe mein Kommentar zu Nick Bostrom).

Weder bei der Sitzung in Washington im Dezember 2015 noch bei der Sitzung des deutschen Ethikrates ist irgendetwas Brauchbares zum Einfluss auf das Fortschreiten der Wissenschaft hergekommen. Beide haben – sich vertagend – versagt, weil sie eben keinen „Rat“ wissen.

Die gesellschaftliche Evolution wird durch die wissenschaftlichen Entdeckungen vorangetrieben und durch das Weltgewissen der Ethik kaum aufzuhalten sein. Das geht viel weiter und schneller, als dass die genannten gesellschaftlichen Institutionen oder die Politik, die all dies wissen, einen Einfluss darauf haben – sitzen dort doch ebenfalls Wissenschaftler, die das selbst vorantreiben und allenfalls aus Angst vor sich selbst an ihrem Wirken zweifeln.

Nach meinem Verständnis ist Ethik die Sehnsucht der Menschen, dem von mir immer wieder zitierten „Grauen“, das biologisch programmiert ist, zu entrinnen – vergebens. Eine Illusion, wie Gott auch. Und es ist auch nicht Ethik oder „Gott“ zu verdanken, dass die Menschheit immer noch lebt, sondern dem beschränkten Einfluss einer Politik der Angst, geübt an der nuklearen Bombe.

Nachfolgend versuche ich darzustellen, was man mit CRISPR/Cas schon alles machen kann. Sicherlich kann dies nur eine Einführung sein, denn es ist kaum mehr zu übersehen, was im Bereich der „grünen“ und „roten“ Biologie des Genome Editing mit CRISPR/Cas bereits jetzt machbar ist.

„Genome Editing“ und „synthetische Biologie“: Bewusste Missinformation

Immer mehr Firmen werben mit Produkt-Labels wie „Ohne Gentechnik“. Die Aktivitäten gegen gentechnisch veränderte Pflanzen haben eine starke öffentliche Aufmerksamkeit bekommen, vorwiegend durch bewusste Missinformation durch Organisationen wie etwa Greenpeace, die in ihrer Mitteilung „Genome Editing“ mit „synthetischer Biologie“ verwechseln. Wer solche Fehler begeht, hat nur eine eingeschränkte wissenschaftliche Berechtigung, die Öffentlichkeit zu verunsichern.

Ende Juni 2016 haben 100 Nobelpreisträger Greenpeace aufgerufen, ihren Kampf aufzugeben:

Es gibt aber auch Stimmen, die behaupten, dass die 100 Nobelpreisträger von Monsanto „gekauft“ worden seien.

Wie auch immer: Wenn es um viel Geld und Ethik geht, wird die Öffentlichkeit verwirrt.

Sicher war die US-amerikanische National Academy of Science wohl nicht bestochen worden, als sie im Jahr 2016 einen umfangreichen Bericht darüber publizierte, dass mit CRISPR/Cas modifizierte Pflanzen in keinem Bereich Schaden anrichten würden.

Hier noch drei weitere Übersichten zum Thema, damit sich der wissenschaftlich interessierte Leser selbst eine fundierte Meinung bilden kann:

Sind genregulierte Samen und Pflanzen überhaupt genehmigungs- und deklarationspflichtig, sind sie „fremd“ und gefährlich?

Das Nature-Journal schrieb in diesem Zusammenhang am 14. April 2016 in der Meldung „Gene-edited CRISPR mushroom escapes US regulation”:

“A fungus engineered with the CRISPR-Cas9 technique can be cultivated and sold without further oversight.”

Danach unterliegt der von Yinong Yan, einem Pflanzenbiologen der Pennsylvania Universität, mit CRISPR/Cas genmodifizierte Pilz keinerlei Überwachung und wird als „natürlich“ betrachtet. Yan inaktivierte sechs Gene der Polyphenoloxidase, eines Enzyms, das für die verderbliche Braunfärbung der Pilze verantwortlich ist. Damit ist das Enzym um 30 % weniger aktiv und der Pilz länger genießbar.

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Es gab schon zuvor mehrere durch CRISPR/Cas veränderte Gene in Pflanzen und Samen, die kontrovers diskutiert wurden. Aber dieser Beschluss wird einiges über das, was wir bisher zu genmodifizierten Samen und Pflanzen beachten müssen, ändern.

Die Bewertung beruht darauf, dass im neuen genmodifizierten Pilz kein genetisches Material und keine fremde DNA eingeführt wurden. Deshalb dürfte dieser Pilz keine negativen Auswirkung auf andere Pflanzen haben und deswegen nicht reguliert werden müssen.

CRISPR/Cas wird also eine völlige neue Pflanzenbiologie in unsere Welt bringen, indem die natürlichen Gensequenzen editiert werden, ohne „fremdes“ Material einzufügen. Im Prinzip ist das nur eine „zielgerichtete Beschleunigung“ der bisherigen Zuchtverfahren, die durch „auslesende Züchtung“ und mit größerem Aufwand und mehr Fehlern dasselbe erreichen wollen und erreicht haben.

Ich verstehe daher den Aufschrei und die Aktionen von Greenpeace und ähnlichen Kongregationen nicht.

Anders war dies zuvor bei Samen, in die „harmlose“ DNA von Bakterien eingeführt wurde, um die Pflanzen resistent gegen Dürre oder Schädlinge zu machen. Über mögliche Gefahren dieser Verfahren kann man trefflich streiten. Darauf will ich jedoch nicht mehr eingehen, sondern mich ganz auf die Möglichkeiten von CRISPR/Cas konzentrieren.

Ich werde im Folgenden erörtern, wie CRISPR/Cas schon genutzt wird, um in Samen bestimmte genetische Editionen durchzuführen. Beispiele werden Weizen, Reis, Sojabohnen, Hirse, Orangen und Tomaten sein. Dabei geht es vorwiegend um Schädlingsresistenz und Schutz vor verderblichen enzymatischen Fäulnisprozessen, wesentlich auch darum, Pflanzen vor Dürre zu schützen, was angesichts klimatischer Veränderungen und verheerender Ernteverluste eines der bedeutenderen Ziele dieser Forschung ist. Außerdem können dadurch Pflanzen effektiver in der Herstellung von Zuckern und Eiweißen genutzt werden und, besonders interessant, sie können eine größere O2-Produktion aus CO2 bewerkstelligen.

Genom-Edition: Chance oder Gefahr?

Bevor ich diese Themen bespreche, möchte ich aber die gegenwärtig viel diskutierten Gefahren einer Genom-Edition der DNA beleuchten.

Konformation

Alle biologisch aktiven organischen Moleküle haben eine dreidimensionale räumliche Struktur, die man Konformation nennt. Hier ein Beispiel einer einfachen Struktur:

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Die Konformation beschreibt die räumliche Anordnung und die drehbarer Bindungen an den Kohlenstoffatomen zu einem Molekül. Dadurch sind die 3-D-Raumkoordinaten aller Atome des Moleküls vollständig beschrieben. Die Konformation enthält alle Informationen über die energetische Stereochemie.

Parallel und zeitgleich zur Evolution der Konformation von organischen Molekülen entwickelt sich ein Konformationserkennungssystem, das Immunsystem. Das heißt: Für jede physiologische Konformation, jedes sogenannte Antigen, gibt es ein zelluläres (Lymphozyten-System) oder humorales (Antikörper-)Erkennungssystem, das die Konformation von Molekülen als zugehörig zur Ontogenese des betreffenden Körpers oder als fremd erkennt.

Zugehörigkeit bezeichnet man als „Selbsttoleranz“, d. h. die Fähigkeit, körpereigene Konformation von Molekülen als „eigen“ zu erkennen.

Es gibt aber auch eine „Fremdtoleranz“, wenn bestimmte Antigene vom Immunsystem „geduldet“ werden. Solche apathogenen Moleküle finden sich häufig in der Nahrung und es erfolgt eine sogenannte periphere Toleranz. Nahrungsmittelallergien umgehen die Selbsttoleranz in typischer Weise. Die Nahrungsmitteltoleranz wird unter Beteiligung der M-Zellen im Darm vermittelt. Diese Aufgabe dieses MALT-Systems (Mucosa Associated Lymphoid Tissue), also der M-Zelle innerhalb der Immunreaktion, ist die Aufnahme von antigenwirksamen Konformationen und die Präsentation derselben an den nachgeschalteten Zellen des adaptiven Immunsystems.

Ein bedeutendes System von ‚Selbst‘ und ‚Fremd‘ ist das HLA-System, welches bei Erforschung der Transplantation von Organen entdeckt wurde. HLA-Merkmale charakterisieren sozusagen die Individualität von Konformationen eines Menschen. Identische HLA-Merkmale finden sich nur bei eineiigen Zwillingen oder Klonen. Das Fremde kann mit dem HLA System definiert werden. Interessant ist, dass die Zuneigung zwischen Menschen über den Geruchssinn durch das HLA System gesteuert wird. Es ist also ein sehr empfindliches System zur Unterscheidung von Eigen und Fremd.

Quelle: Eigener Text, modifiziert nach https://de.wikipedia.org/wiki/Human_Leukocyte_Antigen

Zusammenfassend kann man sagen, dass die Konformation von Antigenen parallel zum Erkennungssystem, dem Immunsystem, evolviert ist. Beide Systeme agieren wie ein Tandem in der Ontologie eines jeden Lebewesens.

DNA-Konformation

Zur DNA allgemein bietet Wikipedia eine Übersicht.

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„Im Normalzustand ist DNA in Form einer Doppelhelix aufgebaut. […] Beim Umeinanderwinden der beiden Einzelstränge verbleiben seitliche Lücken, sodass hier die Basen direkt an der Oberfläche liegen“ – hier greifen enzymatische und chemische Modifikationen an, die auch mit der Genregulation, -aktivität und -spezifität zu tun haben. „DNA kommt normalerweise als schraubenförmige Doppelhelix in einer Konformation vor, die B-DNA genannt wird. […] Neben der eben beschriebenen B-DNA existieren auch A-DNA sowie eine sogenannte Z-DNA.“

Diese unterscheiden sich in ihrem Windungstyp und damit in ihrer Konformation.

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„Bestimmte Abschnitte der DNA, die sogenannten Gene, codieren genetische Informationen, die Aufbau und Organisation des Organismus beeinflussen. Gene enthalten ‚Baupläne‘ für Proteine oder Moleküle, die bei der Proteinsynthese oder der Regulation des Stoffwechsels einer Zelle beteiligt sind. Die Reihenfolge der Basen bestimmt dabei die genetische Information.“

Es besteht nun die Frage, wie die Konformation der DNA mit der Regulation des „Selbst“ interagiert.

Normalerweise werden alle DNA-Konformationen „toleriert“. Es gibt aber Situationen, in welchen diese als „fremd“ erkannt werden, d. h., ihre Konformation ist so verändert, dass das Immun-Erkennungssystem spezifische Antikörper oder T-Zellen gegen solche DNA produziert.

Zirkulierende DNA

Es ist bekannt, dass das Immunsystem nukleäre Konformation erkennt. Es ist mir nicht bekannt, ob sich solche Antikörper auch gegen zirkulierende DNA entwickeln. Dass DNA im Blut zirkuliere, wurde sowieso bis Anfang der 90er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts bestritten, bis eine kleine Arbeitsgruppe von 12 internationalen Wissenschaftlern, zu der ich gehörte, 1992 in Annecy erstmals dieses Vorkommen als gesichert beschrieb. Heute ist zirkulierende DNA ein Fakt und wird auch in der Diagnostik als „liquid biopsy“ genutzt. Meine Arbeitsgruppe hat wohl mit zirkulierender Tumor-DNA erstmals nachgewiesen, was heute als Basis für diese Technologie dient.

DNA Antikörper

Täglich wird eine riesige Zahl antikörperproduzierender B-Lymphozyten hervorgebracht, um auf feinstes „Fremd“ sofort, sozusagen „just in time“, zu reagieren. Auf der DNA finden sich aber nur etwa 1.000 Gene zur Antikörperbildung und Erkennung von „Selbst“. Diese beschränkte Anzahl von Genen kann ihre Vielfalt für die Proteinproduktion dadurch verändern, dass Genkombinationen gebaut werden, dass regionale Verknüpfungsstellen an der DNA  vervielfacht werden, und schließlich können somatische Mutationen die Antikörperbildung vervielfachen. Genau diese Möglichkeit wird für die folgende Betrachtung von CRISPR/Cas-Veränderungen an der DNA weiter unten von Bedeutung werden. Es sind ja sozusagen „Mutationen“, wenn auch natürliche, die mit CRISPR/Cas sensu strictu angelegt werden, und diese erzeugen Konformationsänderungen. Nur müssen wir fragen, ob dies eine Bedeutung für eine Antikörperbildung gegen „Selbst“ haben kann, also die Herstellung von „Autoantikörpern“. Und darum geht es in meinen Überlegungen letztlich.

Wie unterscheidet das Immunsystem zwischen „Selbst“ und „Fremd“?

Humorale Immunität

Hierzu ein Überblick:

„Die Lösung dieses Problems beruht darauf, dass die Folgen einer Antigen/Antikörper-Bindung in der Reifungsphase eines B-Lymphozyten grundsätzlich verschieden sind von den Folgen bei einem reifen B-Lymphozyten: In der Reifungsphase ist die Wahrscheinlichkeit sehr groß, dass das gebundene Molekül ein körpereigenes Molekül ist. Deshalb wird der bindende B-Lymphozyt eliminiert. Nur B-Lymphozyten, die diese Selektion überleben, entwickeln sich zu reifen B-Lymphozyten, die eine Immunantwort auslösen können.“

Zelluläre Immunität

„In einer ähnlichen Art und Weise werden im zellulären Immunsystem auch T-Killerzellen selektioniert: Damit ein Körper Antigene erkennen kann, die sich innerhalb einer Zelle befinden (z. B. Viren oder Mycobakterien bei Tuberkulose/Lepra), präsentiert jede Körperzelle ständig Proteinbruchstücke des zellinneren Stoffwechsels auf der Membranoberfläche. Zur Erkennung dieser Bruchstücke durch T-Killerzellen dient ein membrangebundenes Protein, das ähnlich wie Antikörper aufgebaut ist und das Proteinbruchstück bindet. Dieses Molekül wird MHC genannt wird [sic!] (Major Histocompatibility Complex). Bindet eine T-Killerzelle an einen MHC mit präsentiertem Molekül, wird es in der ersten Lebensphase eliminiert, da die Wahrscheinlichkeit nahezu 100 % beträgt, dass es sich um ein körpereigenes Molekül handelt. Findet die Bindung nach der Reifung im Thymus statt, wird hingegen die Körperzelle zerstört und die Immunantwort ausgelöst.“

Es gibt somit eine „fremd“ erkennende Immunantwort auf humoraler und zellulärer Ebene.

Durch DNA-Antikörper ausgelöste Krankheiten

Als klassische Krankheit, bei welcher das Immunsystem Antikörper gegen nukleäre Strukturen und gegen eigene DNA entwickelt, gilt der Lupus erythematodes.

Die antigenwirksame Umwandlung von DNA-Konformationen in eine Konformation, die DNA-Antikörper auslöst, ist indes eine extrem komplexe Pathologie, die auch heute noch immer nicht gelöst ist.

„Although the exact mechanism of the generation of dsDNA antibodies is still unknown, it is likely that extracellular DNA is one cause of an immune response against dsDNA. There is a great deal of evidence supporting the idea that dead or dying cells are one major source of this extracellular DNA.[6] Apoptosis is the highly organised process of programmed cell death in which the cell degrades the nuclear DNA and signals for phagocytosis. In people with SLE and other autoimmune disorders this process is thought to be defective, causing either an increase in cell death and/or a decrease in the rate of dead cell clearance.[7]

Quelle: https://en.wikipedia.org/wiki/Anti-dsDNA_antibodies

Diese vermutete Pathologie führt unmittelbar zu den obigen Ausführungen über zirkulierende DNA.

Ferner ist ein „molekulares Mimikry“ eine attraktive Hypothese für die Generation von DNA-Antikörpern.

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CRISP-editierte DNA und Proteinsynthese

Wie ich nun darstellen werde, wird befürchtet, dass eine mit CRISPR/Cas veränderte DNA möglicherweise ähnlich einer molekularen Mimikry zu einer Konformation führen kann, die als „fremd“ erkannt wird.

Die Edition von CRISPR/Cas wird als natürlich bezeichnet, da man – anders als bei früheren Verfahren der DNA-Edition – keine fremde DNA einbringt. Es werden lediglich natürliche DNA-Editionen durch Austauschen, Entfernen oder Hinzufügen von eigenen DNA-Bausteinen durchgeführt. Wenn dabei ein Gen deaktiviert wird, kann dies zu einer neuen Konformation führen, aber nicht zu einer entsprechenden Proteinsynthese.

Eine viel diskutierte Wirkung dieser Eingriffe ist, dass eine so veränderte DNA auch zu Endstreckenveränderungen im Proteom führen kann und dann wiederum zu Proteinen mit veränderter Konformation. Besteht die Gefahr oder die Möglichkeit, dass editierte DNA durch veränderte Konformation zu einer Antikörperbildung anregt?

Eine mögliche erste Wirkung, die meiner Meinung nach noch nicht ausreichend diskutiert wurde, ist die sicher folgende Konformationsänderung der DNA-Struktur selbst.

Wenn diese Veränderung der Konformation so ausgeprägt ist, dass das Immunsystem sie als fremd erkennt, könnte man denken, dass eine so editierte DNA abgeräumt werden kann oder dass sich Antikörper dagegen bilden. Ist diese Sorge berechtigt?

Es ist noch unbekannt, in welchem Ausmaß – wenn überhaupt – und mit welchen Folgen solche potenziellen DNA-Antikörper Auswirkungen auf die Gesundheit entfalten könnten.

Ich gehe von der Befürchtung aus, dass die Anwendung von CRISPR/Cas zu einer Konformationsänderung der editierten DNA führt, diese aber entsprechend dem Ausmaß der Edition sehr gering ausfallen kann.

Wenn es zu einer Gendeletion kommt, dann entsteht keine Konformationsänderung und folglich auch kein verändertes Protein, bei anderen Editionen hingegen wohl.

Bei der befürchteten Konformationsänderung gäbe es drei Konstellationen:

  1. Für die so editierte DNA gibt es kein spezifisches, diese Konformation erkennendes abbauendes Enzym oder die vorhandenen Enzyme können diese DNA abräumen, sobald sie zugänglich wird oder in die Zirkulation gelangt.
  2. Die so editierte DNA weist eine Konformation auf, die sie dem Immunsystem als antigenwirksam präsentiert, so dass sich ein spezifischer DNA-Antikörper ausbilden könnte.
  3. Durch eine so editierte DNA kann die Synthese eines Proteins entstehen, dessen Konformation ebenfalls antigenwirksam sein und zu Antikörpern gegen dieses Protein führen kann.

Man befürchtet also, dass sich möglicherweise pathologische Immunreaktionen im Organismus eines Menschen entwickeln könnten, der mit einer CRISPR/Cas-editierten DNA oder der von ihr geleiteten Synthese eines Proteins mit dem Immunsystem in Berührung kommt. In der Folge könnte eine Antikörperbildung zu Immunkrankheiten ähnlich dem Lupus erythematodes oder Rheuma führen, um nur diese beiden aus einer breiten Palette möglicher Krankheiten zu nennen.

Im September 2016 nahm der schwedische Wissenschaftler Stefan Jansson zum ersten Mal eine Mahlzeit zu sich, die ein CRISPR/Cas-editiertes Produkt enthielt.

Zusammen mit einem Pastagericht verzehrte er 300 Gramm geneditierten Kohl, den er aus geneditiertem Samen gezüchtet hatte. Er gab nicht an, von wem er den editierten Samen erhalten hatte.

Er schrieb mir, dass in diesem Samen ein Gen durch CRISP deletiert wurde, dass also DNA-Abschnitte entfernt wurden und dass dieses Gen in der DNA dann keine Proteinsynthese induzieren konnte. Daraus schloss er, dass dies keine negativen Folgen haben sollte. Ob die editierte DNA immunogen wirken könnte, kann er nicht beurteilen – ich auch nicht.

Jansson bezog sich also nur auf eine „Gendeletion“, die er als nicht biologisch relevant ansah.

Was aber, wenn mit CRISPR/Cas andere Geneditionen als die Entfernung eines Gens durchgeführt werden? Welche könnten das sein?

Was Johansson mit der Gendeletion beschreibt, die dann kein Protein codieren kann und daher, wie er sagt, gefahrlos sei, ist aber nicht das, was heute mit CRISP allgemein gemacht wird. Wenn man mit CRISPR/Cas die DNA kürzen, ersetzen und unterbrechen kann, so resultiert daraus eine neue DNA mit einer neuen Konformation. Im Prinzip werden „Mutationen“ generiert. Es wurde nicht untersucht, ob und wie unser Immunsystem auf solche Konformationsänderungen reagiert.

Aus der Paläanthropologie wissen wir inzwischen, dass das Y-Chromosom des (männlichen) Neandertalers im genetischen Vergleich zum Homo sapiens ein mutiertes Gen aufweist, welches bei Schwangeren zu einer Immunantwort führen kann, in deren Folge die Wahrscheinlichkeit einer Fehlgeburt erhöht ist. Vielleicht hat das dazu beigetragen, dass die Menschenart Neandertaler ausgestorben ist? Ist ein solches Szenario zu weit hergeholt?

Dies wird sich in der „grünen Biologie“ von Samen und Pflanzen anders auswirken als in der „roten Biologie“ von lebenden Tieren und Menschen – und dort geht man inzwischen sehr weit, wie ich noch zeigen werde: Geneditierte „mutierte“ Pflanzen werden freigesetzt, geneditierte Haustiere kann man heute in China bestellen, geneditierte menschliche Embryonen können bis zur 14-Tage-Grenze „leben“. Diese Grenze soll fallen und man ist dabei, geneditierte Menschen zu züchten. Entwickelt sich in diesen ein „tolerantes“ Immunsystem?

Zusammenfassung

Ich habe einmal versucht, die möglichen, bisher nicht genügend gewürdigten Veränderungen durch eine Genedition von Samen mittels CRISPR/Cas für die menschliche Gesundheit zu erörtern, vor allem vor dem Hintergrund der möglichen, durch CRISPR/Cas-veränderte Samen und Pflanzen ausgelösten Immunreaktionen.

Bisher gibt es noch keinen Hinweis darauf, dass mögliche Konformationsänderungen von editierter DNA oder der von ihr gesteuerten Proteinsynthese zu einer pathologischen Immunreaktion mit Krankheitsfolgen führen können.

Eines weiß man aber schon heute: Autoimmunkrankheiten nehmen zu und dafür werden Umweltfaktoren verantwortlich gemacht. Bisher sind diese noch nicht mit Sicherheit mit Faktoren der Genedition assoziiert, wirken aber nach wissenschaftlichen Ergebnissen genauso am Genom und Epigenom.

Die Datenlage meiner Recherche, ob geneditierte Samen und Pflanzen Immunreaktionen beim Menschen herrufen können, ist gegenwärtig unvollständig.

Befürworter und Gegner der Technologie werden handfeste wissenschaftliche Beweise erbringen müssen, welche die ausführlich dargestellten Möglichkeiten der krankhaft-antigenen Konformationsänderung von DNA und Proteinen für die Gesundheit des Menschen belegen.

Ei vom Mann, Sperma von der Frau, Embryo von CRISPR/Cas, Genom aus dem Labor – die neue Menschheit

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Zum Einstieg empfehle ich meine beiden Artikel zu diesem Thema:

Anfang 2016 wurde in Großbritannien das „Genome Editing“ erstmals legalisiert.

Genome Editing und Synthetische Biologie

Etwa im Jahr 2040 bis 2050 wird ASI (Artificial Superintelligence) mit neuen Menschen und deren Robotern zu einer neuen Weltordnung auf der Erde und außerhalb im All (wo erreichbar) geführt haben.

Eine aufregende und kompetent recherchierte Übersicht über dieses Thema hat Tim Urban veröffentlicht.

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Claudio Magris schreibt in „Utopie und Entzauberung“ (Hanser, 1999) über die „Philosophie“ von gestern und seine Schlussfolgerungen scheinen noch heute gültig. In Wirklichkeit schreitet die biosoziale Entwicklung der Menschheit jedoch in ganz andere Richtungen fort, weit weg vom gegenwärtigen Denken der Philosophie, die ihre Bedeutung dann vollkommen einbüßen wird.

Die Geisteswissenschaften gehen in die Biowissenschaften über, zumindest was die Zukunft des Menschen betrifft. Wie diese zukünftigen Menschen denken werden, können wir noch nicht wissen – und wir können noch nicht einmal darüber nachdenken, nicht einmal das. Kirchenvertreter, Soziologen und Ethiker artikulieren warnend nur noch ihre Fassungslosigkeit, mit der die neuen Geobiologen nichts mehr anfangen können und werden.

Dasselbe gilt für die „artifizielle Intelligenz“. Google Brain brachte mittlerweile den neuronalen Netzwerken „Alice“ und „Bob“ bei, sich selbstlernend und unabhängig vom menschlichen Denken geheime Codes anzueignen und diese für Menschen unverständlich untereinander zu kommunizieren, während ein weiteres Netzwerk, „Eve“, versuchen sollte, diese Codes zu entschlüsseln.

Inzwischen geht es in dieser Richtung weiter: Der Robotiker Igor Mardatch arbeitet an Maschinen, die sich miteinander unterhalten können.

Dass dies eine Gefahr ist, wie von Elon Musk, Stephen Hawking und anderen dargestellt, wird von dem Informatiker Jürgen Schmidhuber ernsthaft in Zweifel gezogen. Er ist Doktorvater und Ziehvater wichtiger Google-Brain-Denker. Ich habe ihn gefragt, was passiert, wenn solche Maschinen an Roboter angeschlossen werden. „Wo ist das Problem?“, schrieb er zurück.

Embryologie und neue Menschheit

Forscher debattieren gegenwärtig immerhin noch darüber, ob und wie die natürliche, am Genom operierende Evolution des Menschen weitergehen kann. Dies ist angesichts der Literatur zum natürlichen begrenzten Lebensalter des Menschen interessant.

Das gegenwärtig mögliche, „natürliche“ Lebensalter der Menschen hat also eine Grenze. Ich meine damit das Limit, das mithilfe des gegenwärtigen Gesundheitssystems und seiner Medizin erreichbar ist. Die moderne pharmazeutische Wissenschaft forscht zwar daran, wie man durch Veränderungen z. B. an Telomeren oder auch an den Mitochondrien die altersbedingten Gehirn- und Körperveränderungen aufhalten kann, der Ausgang ist aber ungewiss.

Aber diese beiden aktuellen wissenschaftlichen Überlegungen sind schon wieder überholt. Darüber hatte ich bereits berichtet.

Es geht aber noch weiter: Wir sind im Zeitalter der Embryobiologie angelangt.

Wann wird ein Embryo ein Mensch? Biologische Überlegungen zur Ethikdebatte

Ein Embryo entsteht, nachdem ein Spermium eine weibliche Eizelle penetriert hat und die beiden Genome sich nach Halbierung vereint haben. Etwa 30 Stunden danach beginnt die Eizelle, sich zu teilen, und sie erreicht nach drei Tagen ein 16-Zell-Stadium. Kurz darauf bildet sich die „Morula“, die schützende Kugel, die sich dann mit Flüssigkeit füllt und dadurch zur Blastozyste wird; die embryonalen Zellen teilen sich weiter.

Um den 7. Tag herum nistet sich die Blastozyste in die Gebärmutterschleimhaut ein. Ab diesem Zeitpunkt nimmt der Embryo Kontakt zum menschlichen Leben auf. Die Implantation (= Nidation) und damit der 7. Tag sind also ein Meilenstein in der menschlichen Entwicklung. Bisher galt dieser Zeitpunkt auch als Grenze für Embryonen in Kultur.

Diese Regel wird diskutiert – daher die Frage: Wann wird ein Embryo ein Mensch?

Ein Embryo im Zellstadium der Blastozyste außerhalb oder innerhalb des Uterus vor der Implantation um den 7. Tag ist ein „lebendiger menschlicher Organismus“.

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Lebendig heißt fähig zur Zellteilung und zum Stoffwechsel und fähig, sich in der Uterusschleimhaut zu implantieren.

Lebendig heißt nicht „Leben“ und nicht „Mensch“.

Jüngst wurde ein Embryo außerhalb des Uterus nur 14 Tage „lebendig“ gehalten.

Ab dem 14. Tag entwickelt der Embryo den sogenannten „primitive streak“, eine erste primitive Form einer organischen neuronalen Struktur, das heißt, dass die Entwicklung von Strukturen beginnt, die sich ab dem 20. bis zum 23. Tag rasch zum Gehirn entwickeln.

Gute Übersichten bieten:

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A: 16 Tage, B: 20 Tage, C: 22 Tage, D: 23 Tage

Man nimmt an, dass der Embryo ab diesem Zeitpunkt, zu dem sich Gehirnstrukturen entwickeln, ein „Mensch“ wird. Deswegen gilt in 17 Staaten die Vereinbarung, einen Embryo nicht länger als 14 Tage in „Kultur“ zu halten.

Fraglich ist allerdings gegenwärtig, ob ein experimentell in Kultur befindlicher Embryo mit „primitive streak“ als menschliches Individuum = Mensch bezeichnet werden darf – deshalb die Diskussion, ob ein Embryo nach dem 14. Tag in Kultur gehalten werden darf. Wird er dann zum Menschen?

Ich gehe davon aus, dass diese Frage biologisch im Experiment und nicht durch „Ethik-Kommissionen“ beantwortet wird.

Fakten:

Es gibt, wie gesagt, eine „Vereinbarung“ von 17 Staaten, dass ein Embryo nicht länger als 14 Tage in „Kultur“ gehalten werden sollte, nachdem es Forschern in den USA (Brivanlou et al., New York) und England (Zernicka-Goertz, Cambridge, berichtet im Mai 2016) gelungen war, menschliche Embryonen im Kulturmedium ohne Uterus 14 Tage lang am Leben zu halten. Diese Embryonen schlugen durch genetische Selbstorganisation, wahrscheinlich über variable epigenetische Faktoren im Kulturmedium, eine quasi-menschliche strukturelle Lebensentwicklung ein, die man bislang nur in Utero, aber nicht in Kultur vermutet hatte. Die Entwicklung von quasi-menschlichen Strukturen war zum ersten Mal durch Selbstorganisation des Embryos ohne Implantation und Verbindung zum Uterus gelungen. Beides hatte man bislang immer für notwendig gehalten.

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Quelle: Brivanlou, Nature, Mai 2016

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Brivanlou, Oktober 2016

Durch diese Studien erhielt man völlig neue Einblicke in die menschliche Entwicklung. Bisher war es unvorstellbar, dass „organische“ embryonale Strukturen außerhalb des Uterus ohne Implantation im Kulturmedium entwicklungsfähig sein könnten. Deswegen würde man gerne die 14-Tage-Grenze überschreiten. Man hofft auch, nach Schäden zu forschen, die dafür verantwortlich sind, dass nur etwa 50 % der eingenisteten Embryonen am Leben bleiben.

Hier ein 14-Zellen-Stadium, die Selbstorganisation des Embryos links in vivo des Uterus, rechts in der Kulturschale.

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Die gegenwärtige Forschung ist also so weit, menschliche Embryonen jenseits des bisher kritischen Nidationsstadiums weiterleben zu lassen. Um sie noch weiter zu kultivieren, fehlen aber genügend Informationen über Hormone, Entwicklungsfaktoren und Nahrungskonditionen, welche – erstens – in der Amnionflüssigkeit vorhanden sind und ganz sicher im Laufe der Entwicklung der Feten in der Zusammensetzung ebenso variieren wie – zweitens – das Nabelschnurblut aus der Plazenta.

Der Fetus trinkt und uriniert in das Fruchtwasser. Über die Zusammensetzung des fetalen Urins habe ich keine Daten gefunden. Er entlässt kaum Stuhl, der Darm wird nicht entleert, der Inhalt sammelt sich an und wird nach der Geburt als „Kindspech“ entleert.

Obwohl die Grenzen der embryonalen Kultur deutlich erweitert werden konnten, steht man biologisch vor einer Schallmauer – die gegenwärtigen ethischen Bedenken werden in dem Moment laut und überwunden, in dem ein neuer Fortschritt berichtet wird. Darüber habe ich bereits in Abschnitt 2.1 geschrieben.

Ich denke, die embryonale Kulturbiologie ist notwendig, um auf dem Wege, neue Menschenrassen zu züchten, weiterzukommen. Der gegenwärtige, seit Tausenden von Jahren evolvierte Mensch ist unbrauchbar geworden für die zukünftige biosoziale Ordnung der Menschen auf der Erde und außerhalb derselben. Am 22. März 2017 hielt ich dazu in Konstanz einen Vortrag ((bitte mit der PPT-Präsentation verlinken)).

Woher kommen in Zukunft die Eizellen? – von Männern?

Jüngste Forschungsergebnisse zeigen, dass man aus männlichen Hautzellen durch Umprogrammieren weibliche Eizellen machen kann. Man kann wie die Süddeutsche am 18. Oktober 2016 titeln: „Väter werden zu Müttern.“

Diese Forschung geht rasant noch einige Schritte weiter, wie wir im Nature-Journal lesen konnten: Japanischen Forschern ist es gelungen, aus Hautzellen nicht nur Embryonen zu klonen, sondern eben fortpflanzungsfähige Eizellen.

Schon 2013 wurden in Oregon menschliche Embryonen aus pluripotenten Hautzellen geklont, die nach den damals gültigen Ethikregeln nur sieben Tage am Leben erhalten wurden.

Dann wurde diese Grenze auf 14 Tage ausgedehnt und nun soll diese auch fallen.

In Nature vom 17. Oktober 2016 berichten K. Hayashi und seine Mitarbeiter über „mouse eggs made from skin cells in a dish“. Schon 2012 hatten sie aus Hautzellen Eizellen hergestellt, aber diese mussten in Ovarien gepflanzt werden, um Embryonen wachsen zu lassen. Noch im Juli 2016 beschrieben sie die Umwandlung von fetalen Mäusezellen in Eizellen, aber wenige Monate später – eben im Oktober 2016 – gelang es ihnen zum ersten Mal, weibliche Eizellen aus Hautzellen von Mäusen direkt im Kulturmedium reifen zu lassen und ohne Implantation in ein Ovarium in befruchtbare Eizellen umzuwandeln. Keine fünf Jahre hat es also gedauert, bis man aus Hautzellen reife Eizellen herstellen konnte, die man befruchten konnte. Zwar war die Fertilitätsrate nach der Befruchtung noch gering, doch konnten aus den befruchteten Eizellen muntere Mäuse mit einer auffallenden genetischen Variation entstehen, wie man an den Tieren sehen konnte – also auch hier die genetische Variation wie bei den oben beschriebenen menschlichen Embryonen. Geht die „Natur“ hier doch noch ihre eigenen Wege – und welche?

Hier eine Abbildungen zu den so „gezeugten“, munteren Mäusen:

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Quelle: http://www.sciencemag.org/news/2016/10/mouse-egg-cells-made-entirely-lab-give-rise-healthy-offspring

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Quelle: http://www.sciencemag.org/news/2016/10/mouse-egg-cells-made-entirely-lab-give-rise-healthy-offspring

Ein Mann kann also aus sich selbst Eizellen generieren lassen, die er mit seinen eigenen Spermien in Kultur befruchten kann. Der so gewachsene Embryo kann und muss noch in den Uterus einer willigen Frau gepflanzt werden. Der Embryo ist monogenetisch, geht aber eigene Entwicklungswege – ein identischer Klon, wie zu wünschen oder zu erwarten, scheint er wohl nicht zu werden. Er kann darüber hinaus gleichwohl noch epigenetische Modifikationen durch das Plazentablut der Gebärfrau erfahren, bevor er geboren wird. Darüber lesen wir zu wenig bzw. wissen wir auch noch zu wenig.

Immerhin ist eine genetische Modifikation nach Wunschkriterien dann aber durch CRISPR/Cas gegeben, wie in meinen beiden Artikeln zu lesen:

Man erkennt fast unendliche Möglichkeiten, sich, sein eigenes „Ich“ in einer „Welt ohne Sex“ aus sich selbst heraus fortzupflanzen und zu modifizieren zu dem, der man immer sein wollte.

Woher kommen in Zukunft fertile Spermien? – auch von Frauen

In 40 % der unfruchtbaren Partnerschaften liegt die Ursache beim Mann. Diese Feststellung ist in der Geschichte unfruchtbarer Partnerschaften relativ neu, denn jahrhundertelang wurde die Ursache bei der Frau gesehen.

Ursachen beim Mann liegen bei der Spermatogenese in einer zu geringen Spermienzahl (Oligospermie), Azoospermie, schlechter Beweglichkeit, malformierten Spermien, genetischen Schäden, verschlossenen Samenkanälen.

Die Spermatogenese im Bild:

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Quelle: https://www.britannica.com/science/spermatogenesis

Es lag daher nahe zu erforschen, ob man aus Hautzellen nicht nur Eizellen, sondern auch Spermien herstellen könne. Hierzu programmierten Forscher diese Zellen zu embryonalen Stammzellen um und differenzierten diese dann zu Spermatiden aus. Die Differenzierung der Spermatiden zum Spermium nennt man Spermiogenese. Sie entspricht dem letzten Teil der Bereitstellung eines natürlich fertilen Spermatozyten.

In China ist es Mitarbeitern um Zhou et al. in umstrittenen Experimenten gelungen, Spermatiden, also die letzte Vorstufe vor den reifen Spermien, in Kultur zu differenzieren. Die folgende Abbildung zeigt den „natürlichen“ und den Zellkulturweg zum Spermatiden:

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Quelle: Zhou, Wang, and Yuan et al./Cell Stem Cell: Volume 18, Issue 3, p 330–340, 3 March 2016, http://theconversation.com/healthy-mouse-sperm-grown-in-a-dish-from-stem-cells-55361

Voraussetzung zur Herstellung von Spermatiden ist eine funktionierende Meiose.

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Die Meiose, also die letzte Reifeteilung, um einen singulären, haploiden Chromosomensatz im Spermatiden zu erzielen, war das Hauptproblem bei diesen Experimenten. Zhou et al. ist es erstmals gelungen, die meiotischen Spermatiden aus Zellen zu produzieren, welche von embryonal ausdifferenzierten Stammzellen (ESC) zu primordialen Keimzellen (PGCLCs) umdifferenziert wurden.

Die intracytoplasmatische Injektion dieser Spermatiden nach ihrer Reifeteilung in weibliche Eizellen produzierte einen lebendigen und fruchtbaren Nachwuchs, d. h., diese Tiere waren sogar fertil.

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Trotz dieses „Erfolges“ gab es Bedenken. Schon die Geburtenrate von „normalen“ Spermatiden betrug nur ca. 10 % und die mit kultivierten ca. 3 %. Bei natürlicher Schwangerschaft beträgt die Abortrate ca. 70 % (unbemerkt), ebenso ist bei bisheriger menschlicher ICSI (intrazytoplasmatischer Spermieninjektion) mit natürlichen Spermatiden die Schwangerschaftsrate und Lebendgeburten bisher ebenfalls niedrig, aber immerhin höher als bei „natürlicher“ Schwangerschaft.

Diese Daten sind im hier besprochenen Zusammenhang relevant, wenn über „natürliche“ und „künstliche“ Fortpflanzung debattiert wird.

Insgesamt ist die Generation von Nachkommen aus umdifferenzierten Hautzellen machbar und es gibt keinen Zweifel, dass diese Experimente weiterlaufen – auch am Menschen in Ländern, in denen es keine „Richtlinien“ gibt, die das untersagen.

Ausblick

Die initialen Experimente lassen erwarten, dass die menschliche Fortpflanzung in Zukunft ohne „Sex“ möglich wird. Sex könnte nur noch zum Vergnügen dienen, das „Kinderkriegen“ würde auf künstlichem Wege erfolgen, Gentests im Sinne der jetzt schon praktizierten Präimplantationsdiagnostik würden Krankheitsrisiken erkennen. Man kann gesunde Embryonen auswählen, und zwar in großer Anzahl. Gesundheitskosten würden gespart, was wiederum soziobiologisch und gouvernemental interessant wäre.

Ein alleinstehender Mann, eine Single-Frau könnten sich selbst fortpflanzen. Wohlgemerkt ist das kein „Klonen“, denn durch die Reifeteilung von Eizellen und Spermien wird das jeweilige Genom der „Vorfahren“ in diesen Zellen neu „gemischt“ und gepaart.

Heterosexuelle Partner, die auf natürlichem Weg keine Kinder bekommen können, sowie schwule Paare werden zu Eltern.

Wohlgemerkt ist jedoch die Implantation eines solchermaßen erzeugten Embryos in den Uterus einer gebärwilligen Leihmutter immer noch Voraussetzung.

Auf die genetische „Bearbeitung“, das Designen von Babys durch CRISPR/Cas, gehe ich in Abschnitt 2.7.1 ein. Schon im Dezember 2014 schrieb ich in diesem Zusammenhang einen Aufsatz zur „Menschenzucht“.

Darüber hinaus wird auch an der Aufzucht außerhalb eines Uterus (Ektogenese) bereits gearbeitet (siehe Abschnitt 2.6).

Ist ein solches Vorgehen „gegen die Natur“?

Wenn man die „Natur“ als Ganzes betrachtet, gibt es die geschlechtslose Fortpflanzung und eine Entwicklung außerhalb des Körpers weit häufiger als die geschlechtliche im Körper wie bei Säugetieren und Menschen.

Für mich ist einzig die Sicherheit dieses Vorgehens wichtig, und daran wird man noch Jahre arbeiten müssen. Dafür – und nur dafür – benötigen wir Richtlinien. Ich denke, dass man derart in die Evolution eingreifen kann, es gibt kein historisches, sachliches und soziobiologisches Gegenargument. Ich bin da „Konsequentialist“.

Daher betrachte ich das Geschehen wissenschaftlich und soziobiologisch und eben unter dem Aspekt „Sicherheit“. „Moral und Ethik“ sind größtenteils als Relikte der Religionen zu sehen.

Moral und Ethik

Meiner Meinung nach haben diese Entwicklungen weltweit stark variierende Kodizes. Es gibt keine einheitliche, allgemeinverbindliche religiös fundierte Moral und Ethik in Christentum, Buddhismus, jüdischer und muslimischer Religion. Also wird und soll sich die Entwicklung außerhalb der bekannten normativen Codizes in der Welt fortsetzen.

„Schrecklich“?

Dieses „Argument“ – nein, „Lebensgefühl“ – eines individuellen Weltbildes muss man absolut akzeptieren. Es wird gegenwärtig „populistisch“, es darf aber nicht dazu dienen, per Gesetz den von der biosozialen Forschung vorgezeichneten Fortgang der Menschheit zu blockieren.

Menschwerdung außerhalb des Menschen – Ektogenese

Oben habe ich beschrieben, dass man mittlerweile weibliche Eizellen und männliche Spermien geschlechtsunabhängig aus Körperzellen differenzieren kann. So wird man zu einer Fortpflanzung ohne Sexualität kommen. Sex wird dann sozusagen nur noch zum Vergnügen dienen – auch kulturgeschichtlich keine schlechte Option.

Sobald dies beim Menschen möglich wäre – und es wird bald möglich sein –, würde neben der dann weiterhin fortbestehenden „natürlichen“ Fortpflanzung eine komplett neue soziobiologische Ordnung entstehen: die Fortpflanzung eines Teils der Bevölkerung weitab von den bisherigen moralisierenden Ethikregeln religionsbestimmter Gesellschaften. Eine Vorstellung davon haben Philosophen, Vertreter der Kirchen und Ethiker zwar wieder einmal zur Hand, aber es ist aus meiner Sicht absolut zu früh und verfehlt, jetzt schon darüber zu spekulieren. Wie ich schon immer angeführt habe, wird diese Entwicklung sowieso und ohne Beteiligung von Institutionen und Kongregationen weiter in der Forschung betrieben.

Seitdem John Burdon Sanderson Haldane im Jahr 1924 erstmals das Konzept eines künstlichen Uterus beschrieb, besteht der Wunsch, den Menschen auch außerhalb der Gebärmutter entstehen zu lassen. Diesen Vorgang nennt man Ektogenese.

Es gibt durchaus Feministinnen, die der Meinung sind, dass dieses Vorgehen Neugeborene vor den Gefahren der Reifung im Uterus bei ungesund lebenden Müttern sowie vor Geburtskomplikationen bewahrt. Das ist eine interessante Ansicht. Aber die Realität ist von solchen Vorstellungen noch weit entfernt.

Schon seit Ende des 20. Jahrhundert wird konkret an der Ektogenese geforscht und mit ihr experimentiert, aber bis Ende 2016 ist noch keine brauchbare Entwicklung entstanden. Allerdings hat diese Forschung eine wegweisende Unterstützung von Frühestgeborenen durch entsprechende Einrichtungen ermöglicht. Das ist das bislang wichtigste Ergebnis.

Einer der wegweisenden Forscher auf diesem Gebiet war Yoshinori Kuwabara in Tokio. Es ist ihm erstmals gelungen, einen 18 Monate alten Schafembryo für drei Wochen zur Lebensreife in einem Kulturmedium am Leben zu halten.

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Nach seinem Tod hat sein Mitarbeiter Nobuya Unno daran weitergearbeitet:

Weiterführende Experimente, Erfolge und Probleme wurden ausführlich berichtet.

Inzwischen gibt es den Bericht einer weiteren japanischen Arbeitsgruppe aus 2016.

Helen Hung-Ching Liu von der Cornell University in New York machte über die Dauer von 14 Tagen erste Versuche mit menschlichen Embryonen auf einem Uterusgewebe. Diese Zeitspanne gilt seit 1995 als Grenze für Embryonenkultur, egal auf welchem unterstützenden Medium. Wie schon geschrieben, sollte diese Grenze jedoch sowohl für Embryonen in Kultur als auch in künstlicher Uterus- und Plazentaumgebung revidiert werden – schließlich sind mehr als 20 Jahre weiterer Forschung hinzugekommen, die bisher nicht in die Legislative aufgenommen wurden.

Trotz dieser langen Forschungszeit wurde – Stand Ende 2016 – noch kein funktionierendes Kulturgerät für menschliche Embryonen bis zur Ausreifung entwickelt (siehe Buletti et al.).

Es lohnt sich, diesen Artikel aus dem Jahr 2011 im Ganzen zu lesen. Er bietet eine sehr kompetente Übersicht.

Frühestgeborene/ektogenetische Feten

In den letzten Jahren hat man viel aus der Lebenserhaltung von Frühestgeborenen außerhalb des Uterus bis zu einem Lebensalter von minimal 21 Wochen und 5 Tagen gelernt. Allerdings besteht dieser Rekord seit 30 Jahren. Gegenwärtig überlebt noch kein Frühestgeborenes unter 22 Wochen.

Nur wenn es gelingt, mittels einer externen Technologie Feten/Embryonen unterhalb eines Lebensalters von ca. 20 Wochen am Leben zu halten, wird es möglich sein, Embryonen ab einem Lebensalter von über 14 Tagen außerhalb des Uterus am Leben zu halten. Die Methode wird dieselbe sein müssen.

Inzwischen gibt es die künstliche Plazenta, die, wie beschrieben, bisher bei neun unreifen Lämmern erfolgreich eingesetzt wurde. Der bedeutende Forscher George Mychaliska sieht diese Ergebnisse nun auch reif für menschliche Feten.

Hier liegt der Schlüssel zu der ganzen Technik der Ektogenese, also der Menschenzüchtung außerhalb des weiblichen Uterus und damit des Körpers der Frau: Sicher wird man versuchen, dies auch auf die „Kultur“ von „gezüchteten“ Embryonen anzuwenden.

Hier eine weitere aktuelle Übersicht.

Das Hauptproblem bei Frühestgeborenen – und das lässt sich auf die Embryonenkultur übertragen – ist die Lungenreife angesichts der bisher notwendigen assistierten Ventilation, für welche die Lungen von Frühestgeborenen nicht reif genug sind, um eine ausreichende Menge des Schutzfaktors „Surfactant“ zu produzieren.

Frühestgeborene unter 21 Wochen werden also mit den bisherigen Methoden nicht am Leben gehalten werden können. Noch mehr gilt das für die Reifung von Embryonen in Ektogenese.

Es muss also eine andere Methode her, die eine ausreichende Oxygenierung und Ernährung des Fetus/Embryos sichert. Das wird nur über die Nabelschnur unter Umgehung der unreifen Lungen funktionieren. Durch die Nabelschnur wird dem Fetus/Embryo oxygeniertes Blut über die mütterliche Plazenta zugeführt, unter Umgehung der Lungen via offenem Foramen ovale und Ductus arteriosus. Dies will man durch „extra corporal membrane oxygenation“ (ECMO) ersetzen.

So nutzt man dieses Verfahren zur Versorgung Frühgeborener:

Dieses Prinzip wird schon lange bei der Herz-Lungen-Maschine genutzt. Es ist also eine Art künstliche Plazenta erforderlich, die solches Blut via Nabelschnur bereitstellt. Auch Embryonen, die aus den oben beschriebenen Befruchtungen hervorgehen, müssen über eine Nabelschnur an ein künstliches Plazentagewebe angekoppelt sein.

Erforderlich wird dazu eine künstliche Plazenta in einem Tank sein. Das frühestreife Kind oder der ektogene Fetus würden nicht atmen und der Magen-Darm-Trakt würde nicht beansprucht, wie das jetzt bei den Frühestreifen im Inkubator der Fall ist.

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Über eine solche extrakorporale Einrichtung können Sauerstoff und Nahrung zugeführt werden und bis die Nierenfunktion in Gang kommt, kann auch das rückströmende Blut dialysiert werden.

Ausblick

Ungefähr 15 Millionen Babys kommen jährlich als Frühgeborene, also unter 40 Wochen, auf die Welt und eine Million sterben aus diesem Grund, wie die WHO berichtet.

Samsung hat ein System entwickelt, das an Frühgeborene dieselben „Umweltsignale“ wie im Mutterleib vermitteln kann. Das ist für die Ausreifung bedeutend und kann bisher in keinem Forschungsprojekt zur Ektogenese gefunden werden.

Die Entwicklung einer künstlichen Plazenta, die geeignet ist, Feten oder Frühestgeborene außerhalb des Mutterleibs in einem Tank zu lebensfähigen Babys ausreifen zu lassen, ist auf einem guten Entwicklungsweg. Diese Entwicklung wird aber nach Mychaliska sicher noch weitere 5 Jahre in Anspruch nehmen. Sie wird zuallererst Frühestgeborenen dienen, die gegenwärtig bei einem Entwicklungsstand mit modernster Technik nur zu 20 % gesund überleben.

Erst danach wird man eine solche Technik auf die Aufzucht ektogenetischer Feten aus Kulturzucht übertragen. Die Kosten für dieses Verfahren werden sich in der Folge rasant verringern – und dann wird eine breite Anwendung in der Praxis möglich sein.

Ich habe das deswegen so ausführlich beschrieben, weil an der Realisierung intensiv geforscht wird. Die genannte Zeitspanne gibt der Gesellschaft Zeit, sich mit den Möglichkeiten auseinanderzusetzen.

Beziehung Mutter Kind?

Bei allen diesen Fortschritten ist zu bedenken, dass die Versorgung von Feten im Uterus durch plazentares Blut via Nabelschnur nicht nur der Oxygenierung, Ernährung und Entgiftung dient. Hormone, Wachstumsfaktoren zur Steuerung der Genexpression und psychotrope Moleküle entlang der Reife in utero ändern sich permanent. Es gibt Tagesrhythmen, diurnale Rhythmen und andere Wirkprofile, die man eigentlich noch gar nicht genügend kennt. Diese sind aber sicher wichtig zur Reifung von Gehirn und Körperorganen.

Externe Signale aus und über den Köper der Mutter werden gegenwärtig bei Frühestgeborenen schon simuliert.

„Erbgut reproduzieren“ versus „Identisches klonen“ – „Individualrasse“ versus „Individualkopie“

Die große Frage der gegenwärtigen Forschung am Menschen: „Individualrassen“

Wie ginge es weiter, wenn jeder Mann und jede Frau für sich selbst ausschließlich das eigene Erbgut und damit die eigene „Geschichte“, die der Vorfahren, der Familie, zwar dem biologischen Zufall überlassend, aber doch in neuen Menschen reproduzieren könnte?

Es entstünde eine „Individualrasse“.

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Das gab es bis anhin nicht, nicht einmal diesen von mir vorgeschlagenen Begriff. Und man kann diese „Individualrasse“ mit CRISPR/Cas genetisch „designen“ – individuelles Gestalten nach vorgegebenen Zielen an den gewünschten Menschen, wie mit einem Baukasten.

Skeptisch? Bald wird das das geben. Wie in Abschnitt 2.5 ausgeführt, sind wir technisch bereits so weit, und es wird schon gemacht – an Orten, die unserem Wissen nicht zugänglich sind.

Lesenswert auch ein Artikel der „Netzfrauen“, der wissenschaftlich nicht wirklich haltbar ist, aber den „Horizont“ abschreitet.

Klonen von Menschen

„Individualrasse“ meint aber nicht „klonen“, also identisch reproduzieren. Das würde ein identisches „Selbst“, deutlich verschieden von der „Individualrasse“, herstellen – eine Kopie.

Jedem Menschen seine „Dolly“?

Man dachte lange, dass das bald Realität sein würde. Inzwischen ist es in den letzten Jahren nach Dolly öffentlich still geworden. Aber in der Verschwiegenheit ist ein riesiger biologischer Betrieb, eine Industrie entstanden, die man kaum zur Kenntnis nimmt, vorwiegend in China.

In aller Stille ist man dort und auch andernorts (in den USA) an Tieren deutlich weitergekommen. Die kommerzielle Reproduktion, die Wiederherstellung von identischen Individuen, gegenwärtig noch von Tieren – auch verstorbenen –, ist in China bereits eine große, alltägliche Auftragsindustrie:

„Boyalife Genomics has jointly established a commercial cloning company with South Korea’s Sooam Biotech Research Foundation in Tianjin. And it’s the world’s largest cloning factory. With an intended investment of 200 million yuan, the factory will include a laboratory, a clone animal center, a gene bank, and a science and education exhibition hall.”

Sterbende oder gestorbene Haustiere können bereits als Auftragsarbeit kommerziell geklont werden.

Auch politisch und militärisch wird die Technik genutzt:

Es ist keine Frage bzw. nur eine Frage der Zeit, dass diese Firma und auch Boyalife gemeinsam am Klonen von Menschen arbeiten. Der Bedarf an Menschen mit „speziellen“ Eigenschaften ist in Ländern mit „speziellen“ Regierungsformen enorm.

Boyalife Group – has stated that at this moment, the technology to clone humans is already available, and that they are refraining from using it for fear of public reaction.”

Die Zukunft der Menschen

Das alles ist keine Science-Fiction, sondern geobiologischer Alltag – nur wissen wir das noch nicht.

Nicht nur Roboter, ausgestattet mit AI, sondern auch genetisch programmierte Menschen werden „spezielle“ Aufgaben in den zukünftigen biosozialen Menschensiedlungen durchführen.

In welchen Gesellschaften werden wir leben? Eine Vorstellung können Abschnitt 3.3.6 sowie meine Artikel Smart City – Smart Netoid und Killing-Roboter ersetzen Mensch und klassischen Krieg vermitteln.

Arbeit/Industrie 4.0, maschinelle Robotik, Grundeinkommen

Wir befinden uns gegenwärtig am Übergang von der „natürlichen, biologischen Zeit“ zur „artifiziellen, technologischen Zeit“ mit virtuellen Komponenten. Durch Robotik und AI sollen demnächst 5–7 Millionen Arbeitsplätze in den Industrieländern verloren gehen.

2015 gab es weltweit 204 Millionen Arbeitslose .Damit sind der Wegfall der o. a. Arbeitsplätze eher Peanuts als das Horrorszenario, von dem in letzter Zeit geredet wird. Diese wegfallende Arbeit betrifft vor allem operationale Arbeitsplätze in Industrie, Handwerk und Dienstleistungen. Ich sehe aber im gegenwärtigen Übergang zu Industrie 4.0 eher neue Arbeitsplätze entstehen und durchaus mehr als 2 Millionen, die angesprochen sind: in Wissenschaft und Forschung, Kunst, Kunsthandwerk, Unterhaltung, Sport, Mode und Reisen. Übrigens gibt es auch Überlegung, dass Roboter für ihre Arbeit „Steuern“ zahlen sollen, die einem Grundeinkommen zugeschlagen werden sollen …

Dies setzt aber eine anspruchsvollere Ausbildung und Erziehung voraus, weg von operationalen Verrichtungen der „Handarbeitskraft“, hin zu intelligenten Interaktionen mit der Welt der Industrie 4.0, solange es noch Bereiche gibt, in denen die gegenwärtige Robotik solche Interaktion benötigt. Wir sind aber bereits am Übergang; Robotik stellt jetzt schon höhere intelligente Fähigkeiten bereit, als auch hochintelligente Menschen zu leisten in der Lage sind.

Dies wird so lange dauern, bis die gegenwärtige allgemeine AI in die ASI übergeht, in die „technologische Singularität“, also noch etwa 30 bis 40 Jahre.

Für diesen Zeitpunkt bedarf es jetzt schon Überlegungen für die Menschen auf der Erde und im All über die Art und den Sinn des menschlichen Lebens, das radikal anders sein wird, eben auch mit neuen Menschenrassen.

Solche Überlegungen gibt es aber schon, etwa bei Raymond Kurzweil und Elon Musk.

Die AI befindet sich auf dem Weg zur ASI bereits mitten im sogenannten „Deep Learning“. Hier heißt es in nächster Zeit scharf beobachten, wohin diese Entwicklungen gehen wird. Wenn „Deep Learning“ von dem „gegenwärtig denkenden Gehirn“ instrumentalisiert wird, dann können wir die Folgen weder berechnen noch erahnen.

Die Digitalisierung mit Deep Mind Learning hat im Oktober 2015 mit AlphaGo eine neue Dimension erreicht.

Einer der Pioniere von Deep Mind, Professor Schmidhuber, sieht dessen Dimension noch nicht als einen Wendepunkt in der Menschheitsgeschichte, was ich bezweifle.

In der FAZ vom 31.3.2016 gibt es einen interessanten Artikel über die „Gefahren“ von „Deep Learning“, wenn die „Denkmaschinen“ von Menschen so programmiert werden, dass ihr Selbstlernen aus absichtlichem menschlichen „Unsinn“ zu einem allfälligen Missbrauch der Programmierung von Deep Learning führen kann.

Ein Beispiel für solchen Missbrauch sahen wir Ende März 2016 am Beispiel des Microsoft-Chatbots „Tay“.

Microsoft „bedauerte“; aber dahinter steckte ein zynisches Experiment, immer weiter auszuloten, wie weit die Kooperation von Menschen und Deep-Learning-Maschinen geht.

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Microsoft und Alphabet (früher Google) testen Biotechnologie, Drohnentechnologie, Wissensarchivierung, Internetversorgung, Robotik, Waffentechnologie, Raumfahrt und mehr auf dem Wege zur technologischen Singularität an unserem ihnen kostenlos gelieferten „Datenmaterial“.

Die Vorstellung, dass Deep-Learning-Maschinen von Menschen in ein unvorhersehbares, „unheilvolles“ selbstlernendes Szenario geführt werden können, ist in der Tat beängstigend. Dies gilt vor allem, wenn Roboter mit solchen Fähigkeiten ausgestattet werden – und dies wird schon bald der Fall sein (siehe Abschnitt 3.3, „Robotik“).

Es wäre schade, wenn auf dem Wege zur technologischen Singularität die enormen Vorteile, die „Deep Learning“ der Menschheit bieten könnte, pervertiert würden. Dann würde aus dem „Spiel“ bitterer Ernst.

Der gegenwärtige Übergang

Was machen in nächster Zukunft immer mehr Menschen mit immer weniger Arbeit?

Diese Entwicklung scheint global, wenngleich sie zur Zeit noch in den großen Kontinenten ungleich verteilt ist, bis die Vernetzung weiter zugenommen haben wird, z. B. in Südamerika oder Afrika .In dieser Übergangszeit wird wieder eine alte sozialistische Idee zum existenzsichernden Leben in der Gesellschaft propagiert: das „bedingungslose Grundeinkommen“ (BGE).

Das hieße aber aus meiner Sicht, dass die wachsende Zahl der Menschen ohne Arbeit für ihr pures Dasein und ihre Fortpflanzung bezahlt wird. Was tut man; wie verbringt man seinen Alltag und den der Familie in einem Leben ohne Arbeit mit einer bezahlten „Existenz“? – ein faszinierendes Konzept für die soziale Gestaltung eines selbstbestimmten Lebens ohne gesellschaftliche Zwänge.

In der vergehenden, aber noch gegenwärtigen Zeit des Abendlands war und ist Arbeit für die meisten Menschen der „Sinn“ des Lebens (ich selbst habe in der Biologie des Lebens nie einen „Sinn“ erkennen können, außer dem, den sich die Menschen selbst gaben). Sie verkaufen diesen Sinn mit körperlicher und geistiger „Arbeitsleistung“ an die Gesellschaft und ihre Einrichtungen und erhalten dafür einen Lohn, den sie zur Lebenshaltung benötigen. In westlichen Industriegesellschaften wachten bzw. wachen darüber vielfach „Gewerkschaften“. Aber schon jetzt sind weite Teile der in der zunehmend vernetzten Welt lebenden und noch arbeitenden Bevölkerung dabei, nicht mehr nur „Arbeitsverrichtungen“ und „Leistungen“ zu verkaufen, sondern sie liefern zunehmend persönliche Daten als „Handelsware“ an die 4 bis 6 bedeutendsten Big-Data-Organisationen. Alleine Facebook verwaltet und verkauft die Daten von 1,4 Milliarden Menschen. Diese „Organisationen“ sind zumeist noch ein Ein-Mann-Unternehmen, im Gegensatz zu den meisten Industrieunternehmen der abendländischen Industrienationen, die mehrheitlich durch bestimmte Organe kontrolliert werden. Wenn die Menschen – wie von mir vorgeschlagen – eine Beteiligung an den Daten bekämen, die sie an die „Geschäfte“ der Big-Data-Organisationen liefern, könnten sie diese dem „bedingungslosen Grundgehalt“ zuschlagen: eine echte Leistungsbeteiligung.

„Beteiligen“ und „teilen“ sind doch die neuen Zauberworte der digitalen Communitys, aber an dem Verkauf der eigenen persönlichen Daten ist man bisher nicht beteiligt. Das finde ich unverständlich.

Woher kommt nun das Geld für das propagierte „bedingungslose Grundeinkommen“ eigentlich? Ich habe bereits beschrieben, dass die Menschen schon bald zunehmend (mehr als 80 % in etwa 20 Jahren) in „Netoiden“ wohnen werden.

Die Netoide werden quasi von „Unternehmensstaaten“ kontrolliert, wie sie Larry Page, Peter Thiel und Elon Musk – um nur einige zu nennen – im Sinn haben und an denen sie arbeiten. „Smarte Netoide“ produzieren mit Robotern und AI in der Nachzeit von Industrie 4.0 in riesigen Landwirtschafts- und Industrieanlagen die vitalen Grundprodukte für die „verwalteten“ Menschen. Diese befinden sich in den Händen unterschiedlich angesiedelter Eliten bis zu dem Zeitpunkt, an dem ASI dabei mehr und mehr Funktionen übernimmt. Bis zu diesem Zeitpunkt gibt es dann auch gezüchtete Menschenrassen mit programmierten Bedürfnissen, Lebensweisen und „Nutzungen“ in einer zunehmend virtuellen Erlebniswelt – dies aber erst in etwa 50 Jahren.

Aber nochmals: Bis dahin, in der aktuellen Übergangszeit und den kommenden Tagen – was ist „Arbeit“, wie lebt man ein bedingungsloses Grundeinkommen? Wie wird „Arbeit „in der vernetzten verwalteten Welt aussehen?

Menschen in der verwalteten Langeweile mit bezahlter Existenz leben zu lassen, ist eine interessante Option. Das gegenwärtig diskutierte bedingungslose Grundgehalt ist deswegen ein Experiment in Zeiten, in denen wir noch mit den momentan gültigen Lebenswerten des „Abend-Landes“ im Übergang leben, bis wir das „Morgen-Land“ nach Thomas Schulz betreten werden.

Das wissen auch die Teilnehmer von Davos 2016, wenn sie hinter verschlossenen Türen tagen.

Besonders krass äußert sich der bekannte Ökonom Prof. Ernst Fehr von der Universität Zürich in einem Interview mit der Sonntagszeitung.

„Das BGE ist gegen die ethischen Vorstellungen der meisten Menschen. Die meisten Menschen sind nicht bereit, jenen zu helfen, die nichts oder wenig zur Gesellschaft beitragen wollen, obwohl sie es könnten“.

„Arbeit“ muss in einer bezahlten Existenz ohne die Regeln der gegenwärtigen Staatsformen und deren Gewerkschaften immerhin keine lebensfüllende Option mehr sein. Arbeit wird nicht mehr vertraglich zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer reguliert, sondern der allenfalls noch frei Arbeitsuchende unterwirft sich den Gesetzmäßigkeiten von Waren in einem Dienstleitungsnetz und kann seine gegebenenfalls geleistete Arbeit ohne Gewerkschaften und staatliche Regularien zu Marktpreisen handeln. Arbeit, Arbeitsvermittlung, Arbeitsschutz und Bezahlungen unter oder oberhalb des Grundeinkommens unterliegen einer informationstechnologischen Regulierung durch Hightech-Netoide. Man kann, aber muss sich nicht beteiligen: Das reduziert die Macht der Netoide, vor der so viel Angst besteht.

Interessant sind Alternativen für „niedrige Arbeiten“, die es inzwischen weltweit gibt, etwa Task-Rabbit, Amazon Mechanical Turk, Crowd Guru, machdudas oder Blauarbeit.

Der Begriff „Arbeit“ und Arbeiten an sich entwickeln in der vernetzten Welt ganz neue Bedeutungen. Wie oben beschrieben, werden Arbeit und Arbeitende zur freien Handelsware; die vertragliche Leistung zählt nicht mehr. Der über das BGE hinaus Arbeitsuchende muss sich selbst gegenüber nicht mehr gewerkschaftlich regulierten Vertretern, sondern marktwirtschaftlich operierenden Vermittlern vertreten; oder er kann eben nichts tun und bedingungsloses Grundgehalt beziehen. So neu ist das alles aber nicht. Neu ist nur der eigene Status einer unabhängigen Lebensform ohne die herkömmlichen Kontrollen und Bedingungen des sozialen Lebens an sich. Es kann aber nicht übersehen werden, dass man mit dem BGE, wie beschrieben, zum in der Freiheit „verwalteten“ Menschen wird.

Ich komme an diesem Punkt auf meine Überlegungen zu der soziobiologischen Ordnung der Menschen zurück und ziehe eine Analogie zu Ameisenstaaten.

In der gesamten neuen Literatur zur „neuen Arbeit“ im Übergang habe ich die Begriffe „Lebensglück“ und „Lebenssinn“ nicht gefunden.

Die Schweiz hat das bedingungslose Grundeinkommen im Sommer 2016 in einer Abstimmung abgelehnt. Anderenfalls hätte ein biosoziales Experiment mit der Sehnsucht der Menschen nach „bedingungsloser“ sozialer Freiheit begonnen, aber sie hätte sich in kontrollierten Lebensräumen abgespielt. Darüber habe ich bisher zu wenig erfahren. Auskunft gibt die Schweizer Initiative.

Besitz, Eigentum und Wirtschaftssystem der „New Economy“

Es gibt in der Zeit des Umbruchs in die digitalisierte Welt völlig neue Entwicklungen zu „Besitz“, „Eigentum“ und den damit verbundenen Wirtschaftssystemen. Wir lesen, dass die junge Generation keinen „Besitz“ mehr haben will, ferner, dass das „Teilen“ von persönlichem „Hab und Gut“ das zukünftige Leben bestimmen wird. Es ist wichtig zu verstehen, was ich mit „Hab und Gut“ meine. Darunter fasse ich sowohl Besitz als auch Eigentum zusammen. Beide Begriffe werden in dieser Diskussion aber nicht scharf genug differenziert. Dies ist wichtig, um neue Wirtschaftssysteme, welche die Marktwirtschaft abzulösen beginnen, verstehen zu können.

Deswegen will ich die beiden Begriffe definieren, ganz im Sinne von Friederike Habermann.

„Besitz“ ist aus meiner Sicht das zur vertraglich geregelten Handhabung und individuellen Nutzung überlassene „Gut“. Dieses Gut wird „so lange behalten, wie es besessen ist“. Damit wird auch gesagt, dass Besitz transient ist; der Besitzer braucht und gebraucht das ihm zur „Nutzung“ überlassene Gut, aber es kann durch den Besitzer nicht in eine bewirtschaftbare Ware umgewandelt werden. Per definitionem „eignet“ es sich nicht dazu.

„Eigentum“ ist nach dieser Definition ein Gut, welches einem durch Erwerb vermittels eigener Arbeit und Anstrengung in einem marktwirtschaftlichen System und/oder durch Erbe zu eigen geworden ist und damit zu einem Teil der Marktwirtschaft in der Industriegesellschaft. Eigentum kann wirtschaftlich verwertet werden durch Handel oder dadurch, dass es einem Dritten in Besitz zur Nutzung gegeben wird.

Kapital in der Form von Geld oder geldwerten Analogen ist das Betriebsmittel des Wirtschaftens mit Eigentum in einem gesellschaftlichen Wirtschaftssystem, das demzufolge kapitalistisch genannt wird.

Eigentum ist also charakteristisch für Individualisierung. Eigentum hat mit Profit in der Marktwirtschaft zu tun, die Knappheit und steigenden Kapitalertrag als gesellschaftliches Wettbewerbs-Wirtschaftsprinzip verwaltet. Man kann zwischen einer kapitalistischen und einer sozialen Marktwirtschaft unterscheiden.

Obwohl Marktwirtschaft in den Industrieländern zu einem ungeahnten Wohlstand geführt hatte, war der Preis in einer kapitalistischen Marktwirtschaft eine zuletzt ungerechte Verteilung von Eigentum nach dem evolutionären Prinzip von Wettbewerb, Auslese und permanenter Leistungssteigerung durch elitäre Minderheiten. Dies hat in den Industrieländern durch die Ausnutzung von eigenen und fremden Ressourcen nach unterschiedlichen Prinzipien zu Überfluss geführt.

Erwerb und Verwaltung von „Eigentum“ konnte in entsprechend staatlich geregelten Gesellschaften mit sozialer Marktwirtschaft, geleitet durch nichtelitäre Mehrheiten, zu einer hohen sozialen Ordnung von Produktion, Eigentum und pluralistischen Interessensverteilungen führen. Dies haben Daron Acemoglu und James A. Robinson als „inklusive“ Ordnung bezeichnet (zitiert nach P. Löpfe).

Trotzdem führt auch dieses Wirtschaftsprinzip mit einer Eigentumsvermehrung in Massengesellschaften durch immer mehr zu steigernde Produktion und „Gewinnvermehrung“ zu einer Kostenspirale des Überflusses.

Demgegenüber steht eine Wirtschaftsordnung, die als „extraktiv“ bezeichnet wurde, in der elitäre Minderheiten ihre Eigentumsinteressen in der Gesellschaft eher rücksichtslos durchsetzen. „Macht“ ist das Treibmittel der elitären Minderheiten, es ist ein Wirtschaften mit eigenem und fremden Eigentum und dem innewohnenden Betriebsmittel Kapital.

Die letztliche Entwicklung des kapitalismusorientierten Neoliberalismus ist in den westlichen Wirtschaftsnationen in einer Krise und an einem Wendepunkt zu einem fundamentalen Wandel angekommen, der sich hier und jetzt etabliert.

Die beiden beschriebenen Wirtschaftssysteme konnte keine Gesellschaft bisher vereinen. In dieser Situation hat sich durch die Digitalisierung und das daraus folgende „Internet der Dinge“ Neues entwickelt.

Löpfe analysiert die Geschichte des Wirtschaftens und beschreibt drei wesentliche soziale Entwicklungen des Wirtschaftens mit einer intelligenten Einteilung in (1) Stammesgesellschaft, (2) Hierarchie und (3) liberale Gesellschaft. Damit erfasst er sowohl die biosoziale Evolution des Wirtschaftens als auch einen strukturellen Ansatz. Ich werde die kommende vierte Komponente mit der „netoiden“ Gesellschaft beschreiben. Die biosoziale Komponente des Lebens der Menschen im Internet der Dinge ist meiner Meinung nach in den bisherigen Modellen nicht berücksichtigt.

Die „New Economy“, eine digitale Tauschgesellschaft

Ich denke, dass Jeremy Rifkin in seinem Buch „ACCESS“ (2000) vor 17 Jahren mit dem Slogan „Das Verschwinden des Eigentums“ in einer „Zugangsgesellschaft“ nach der dritten industriellen Revolution die Hypothese für ein neues Wirtschaftssystem aufgestellt hat.

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Die Zauberworte, die seither wie ein Virus durch die abendländische Industriegesellschaft geistern, sind „Teilen“ und „Commons“.

„Commons“ ist das Wirtschaften mit Besitz in einer Gesellschaft, die weitgehend auf das individuelle Eigentum verzichtet, also unter Menschen, die sozusagen enteignet sind.

Über das Buch von Rifkin ist alles gesagt und geschrieben worden, sodass ich zusammenfassend den Klappentext zu der deutschen Ausgabe des Buches wiedergebe:

„Der Internetboom und die rasante Börsenentwicklung lassen keinen Zweifel zu: Das Industriezeitalter ist endgültig vorüber. Der Kapitalismus ändert sich radikal – und mit ihm unser ganzes Leben. Die Formel des kommenden Zeitalters lautet: Access, Zugriff, Zugang. Der rasche Zugriff auf Ideen, Güter und Dienstleistungen zählt heute bereits mehr als dauerhafter und schwerfälliger Besitz. Das bleibt nicht ohne Folgen für das gesellschaftliche Zusammenleben. Jeremy Rifkin zeigt in seiner brillanten Analyse, wie sich im neuen Access-Zeitalter Alltagsleben, Arbeit, Freizeit und Konsumverhalten radikal verändern. Er führt uns eine Welt vor, in der möglicherweise alles, was wir brauchen, nur noch als bezahlter Service erhältlich ist. Rifkin warnt:

„Wenn wir der Ökonomie gänzlich das Feld überlassen, sind die Grundlagen unserer Gesellschaft in Gefahr.“

Nicht mehr das Eigentum von Boden, Kapital und Gütern ist entscheidend, sondern Zugang zu Wissen und die Teilhabe an der kommerzialisierten Kultur, auch „Sharing Economy“ genannt. Dieser Zugang zum „Benutzen von Besitz“ erfolgt in offenen Netzwerken, d. h. man würde von Märkten zu Netzwerken übergehen und es gäbe nur noch Anbieter und Nutzer. „Eigentümer“ mit individuellem Besitz im oben beschriebenen Sinne würde es in der anvisierten Population für diese Ordnung nicht mehr geben. Die anvisierte Population ist jetzt 15 bis 40 Jahre alt und scheint durch den Verzicht auf Eigentum bereit zur Ökonomie des Teilens und zum kollaborativen Konsum. Ich werde darauf zurückkommen, denn es wird eine elitäre Population in diesen Systemen bleiben, mit einer exklusiven Eigentums-Ökonomie und einem hochentwickelten, abgeschotteten individualisierten Konsum.

Wenn Rifkin meint, man gehe über in eine „Ökonomie des Teilens und des „kollaborativen Konsums“, setzt genau hier meine Kritik an seinen Visionen an. Ich sehe, dass in der nicht elitären Mehrheit der Population Eigentum aufgegeben und/oder geteilt wird. Das ist letztlich die Absicht derer, die heute die digitalisierte Welt in ihrem Eigentum haben. Es sind die Internetgiganten der Big 4+. „Big 4+“ deshalb, weil es mittlerweile bereits einige mehr gibt, die sich das Prinzip utilitaristisch zu Nutze gemacht haben.

Eine elitäre Minderheit verwaltet die sich selbst enteignende Population, die das gar nicht bemerkt. Ich bin sicher, dass Rifkin das genau das weiß, wenn von durch „Peer-to-Peer-Netzwerke“ getragener Kommunikation, Energiegewinnung und Produktion gesprochen wird, zum Gemeinwohl der kollaborativen „Commons“, die der Harvard-Professor Yochai Benkler im Sinn hat.

Ich würde mir die Entwicklung der Vision eines Lebens und Wirtschaftens unter Ebenbürtigen wünschen, wie Benkler und Rifkin sie beschreiben und wie Löpfe sie sich in seiner „digitalen Tauschgesellschaft“ in „schwärmerischer Utopie“ vorstellt.

Ich sehe das aber ganz anders und wundere mich über die große Zustimmung, die „Prediger“ wie Rifkin und seine Adepten seit Jahren nicht nur in Industrie, Wirtschaft und Politik, sondern auch in der betroffenen Population haben. Sehenden Auges tappen alle in die digitale Falle, sofern sie nicht selbst Fallen aufstellen.

Ich sehe diese neue Wirtschaftsordnung wie gemacht für eine „sich selbst enteignende globale Tauschpopulation“, die in „Smart Mega-/Gigacitys“ wohnen wird. Diese wird sich ohne Eigentum in den „Netoiden“ der digitalen Oligarchen wiederfinden, eventuell mit einem „bedingungslosen Grundgehalt“, und sie wird sich „teilen“, was ihnen von der elitären Minderheit zum Leben in den Netoiden angeboten wird. Die zunehmende Macht der digitalen Oligarchen konnte man schon an Apples verweigerter Hilfeleiste bei der iPhone-Entschlüsselung gegenüber dem FBI ablesen. Ich habe schon früher beschrieben, dass die transnationalen Netoide mehr Macht bekommen werden als klassische Parlamente und Regierungen.

Dabei werden die Populationen komplett transparent, wie Eggers im „Circle“ beschrieben hat. Ich weiß noch nicht, wie intimes Privatleben dort aussehen wird.

Das alles wird sich zwischen der Kollaboration der sich enteignenden Prosumenten der Tauschgesellschaft und den investierenden Eigentümern entscheiden. Meine bisherige Betrachtung weicht deutlich von der Rifkins und einer ganzen Heerschar von „Sharing-Economy“-Experten ab (darauf komme ich weiter unten zurück). In der zukünftigen biosozialen Organisation der Menschen wird es keine Solidarität geben, weil die Biologie der Macht das verhindern wird. Alle Systeme zur „Verbesserung“ des gesellschaftlichen Lebens der Menschheit sind bisher gescheitert und so sehe ich, dass bis zur technologischen Singularität die Systematik der Macht weiter herrschen wird. Wir haben in der digitalisierten Welt nur eine neue Variante einer Systemtransformation, welche aber die grundsätzliche Verhaltensbiologie der Menschen nicht ändern wird. Das ist der fundamentale Irrtum Welzers im Buch „Transfomationsdesign“. Dass er als einer der 100 wichtigsten Vordenker der Welt bezeichnet wird, macht seinen Einfluss noch fragwürdiger.

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Was wird den Menschen in der Gesellschaftsordnung der digitalisierten Welt angeboten?

  • Arbeiten:
    Rifkin schreibt in seinem Buch „Das Ende der Arbeit und ihre Zukunft: Neue Konzepte für das 21. Jahrhundert“, dass in 50 Jahren nur noch 10 % der Menschen überhaupt arbeiten wird. Diese These hat für Sprengstoff gesorgt. Ich habe weiter oben schon über „Arbeit“ geschrieben und die Frage aufgeworfen, welchen Lebensinhalt eine „arbeitslose“ Population haben wird und woher die Mittel zu diesem Leben kommen.
  • Wohnen:
    Wohnungseigentum (wie Eigentum überhaupt) ist überflüssig geworden, ein Eigenheim wird nicht benötigt. Wohnen wird die globale Tauschpopulation in eben jenen von mir beschriebenen smarten Mega-/Gigacitys, deren Organisation und Regelwerk von den „Netoiden“ der digitalen Oligarchen geboten wird. Dort wird es Gebäude geben, in denen 100.000 und mehr Menschen eine Wohnstätte als Leihgabe in Besitz nehmen. Diese Wohnungen können getauscht und oder auch mit anderen „geteilt“ werden, wie das junge Menschen heute schon tun. In jedem Falle sind alle Lebensgewohnheiten dieser Population komplett überwacht.

Wohnen, Kochen, Lesen, Unterhaltung, Schlafen, Körperdaten werden nach dem „Smart“-Prinzip vollständig überwacht und dokumentiert und damit wird Einfluss auf die Lebensabsichten und -möglichkeiten genommen.

Man kann aber auch träumen:

Ich sehe durchaus auch Vorteile des Wohnens in den Mega-/Gigacitys, wenn man die Städteplanung einiger Visionäre wie des belgischen Architekten Vincent Callebaut ansieht. Es könnten sich riesige, nachhaltig-grüne Häuserlandschaften entwickeln, in denen bis zu 100.000 Menschen in einem „Megahaus“ leben und um die herum alles zur Verfügung gestellt wird, was zu einem modernen Leben gehört. Man kann sich die komplette Überwachung als eine Lebenshilfe vorstellen, die durchaus Kräfte für „haptisches und sinnliches“ Wohnen, Bildung, Erziehung, Kreativität, Kunst, Unterhaltung, Sport, Sozialität statt nur für die Arbeit freisetzen kann. Die Umwelt wird grün und gesund sein.

Aufregend finde ich, dass in diesen Megacity-Strukturen sogar senkrechte „Farmen“ Platz finden, sodass grüne Ressourcen von der zweiten in eine dritte Dimension gehen.

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Quelle: Wired-Magazin

So kann Abhängigkeit zur Unabhängigkeit werden.

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Es gibt inzwischen im Übergang profitable kommerzielle Unternehmen, die das „Teilen“ organisieren, etwa airbnb. Hier wird etwas vorgetäuscht, denn mit der Grundidee einer digitalen Teil- und Tauschkultur in sozialen Communitys, wofür es in der Literatur oft als Beispiel zitiert wird, hat es nichts zu tun. Hinter airbnb steckt ein handfestes digitales Unternehmen mit wachsendem Umsatz, an dem die Teilenden nicht beteiligt sind.

In nur 7 Jahren haben 3 junge Designstudenten aus dem Nichts ein Unternehmen mit einem Marktwert von gegenwärtig 1,5 Milliarden US-Dollar geschaffen.

Die Geschäftsstruktur ist rechtlich als dubios zu bezeichnen, die Teilenden sind nahezu rechtlos.

Im Internet gibt es inzwischen eine Flut solcher Anbieter, weil sich für diese lukrative Geschäfte bieten.

Übrigens finde ich, dass auf den riesigen modernen Kreuzfahrtschiffen heute schon eine zukünftige Gesellschaftsordnung praktiziert wird. Dort sammeln sich über 6.500 Menschen in einer durchorganisierten Community auf Zeit und gehorchen deren Regeln.

Mobilität und kollaborativer Verkehr

Hier gibt es zwei interessante Ebenen:

  1. Auf der einen Seite bemüht sich die Automobilindustrie, selbstfahrende Fahrzeuge, am besten Elektromobile, in den smarten Citys anzubieten. „Traditionelle“ Unternehmen wie Mercedes und BMW, sogar VW, strengen sich endlich an; in den USA sind Google und Tesla führend. Interessant dürfte sein, was Tech-Firmen wie Amazon und Apple hier entwickeln werden – ein irrer Wettlauf, dessen Ende ich nicht absehen kann. Ich vermute, am ehesten wird eine Kooperation, eventuell mit chinesischen Zulieferern, siegen. Die Fahrzeuge werden sich im Eigentum der Hersteller befinden, weswegen diese darauf achten werden, sie preiswert zu produzieren, den Energieverbrauch zu reduzieren und sie im Sinne der Kostenminimierung sicher zu machen. Solche Fahrzeuge werden dem Menschen, der von einem Ort zu anderen gelangen will, auf digitale Anforderung zur Verfügung gestellt. Der Benutzer braucht sich um nichts anderes zu kümmern, als das Ziel per Spracheingabe zu definieren – sofern das System nicht schon vorgeplant hat, was und wohin er will, was es in Zukunft aus seinen gespeicherten Lebensdaten ablesen wird. Auch hier gibt der Teilende die Autonomie einer eigenen orientierenden Planung ab. Vorteilhaft sind die Kostenreduktion und die gesteigerte Sicherheit. Weiterhin soll vorteilhaft sein, dass Lebensenergie für wichtigere Dinge freigesetzt und Stress vermieden werde, was sicher stimmt.

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Der Berliner Daniel Göhring schätzt, dass mit Robotertaxis in der Stadt nur noch 20 % der heutigen Autos benötigt würde. Zudem würden sich die Abstände zwischen den Fahrzeugen verkürzen. Dies würde zu einer deutlichen Reduktion von Emissionen und Staus führen. Nach einer Studie des Lawrence Berkeley National Laboratory würde ein autonomes und elektrisches Robotertaxi im Jahr 2030 etwa 90 % weniger Kohlendioxid verursachen als ein heutiges Auto mit Verbrennungsmotor.

Im Februar 2016 erteilte die US-amerikanische Verkehrssicherheitsbehörde NHTSA selbststeuernden Autos von Google eine öffentliche Freigabe – ein großer Schritt, auch was ethische Vorbehalte gegen das autonome Fahren betrifft.

Gegenstand der Diskussion ist nämlich auch die „Ethik“ des autonomen Fahrens, die jetzt diskutiert wird – es entstehen ganz neue Risikosituationen.

Die Akzeptanz des autonomen Fahrens wird nicht nur von technologischen Lösungen abhängen, sondern wesentlich auch davon, ob die ethischen Fragen zur Zufriedenheit der Bürger beantwortet werden können.

  1. Auf einer zweiten Ebene agiert der digitale Vermittlungsdienst Uber, der „private“, in Wirklichkeit aber quasi-gewerbliche Fahrer vermittelt. Er wurde in Deutschland zugunsten einer aufgeschreckten Gesellschaft, die das Prinzip der digitalisierten Welt noch nicht durchschaut hat, als wettbewerbswidrig verboten. Erlaubt war aber mitfahrgelegenheit.de, da diese Idee nicht auf dem Prinzip der Gewinnerzielung, sondern lediglich der Spritkostenbeteiligung basierte. Immerhin zeigt der Erfolg dieses Konzeptes ebenso wie im Bereich Wohnen (Airbnb), dass die Neuorganisation von gesellschaftlichen Prozessen in der digitalisierten Welt nicht aufzuhalten ist. Und auch bei Uber wie bei allen großen Unternehmen der digitalen Welt (von Google bis Facebook) ist es ein junger Einzelgänger, der aus dem Stand mit seiner Phantasie und seinem ungebrochenen Siegeswillen die Konventionen des bisherigen Wirtschaftens in der westlichen Industriewelt erfolgreich und – wie in den meisten Fällen – auch gewissenlos umkrempelt.

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Quelle: Wirtschaftswoche

Google hat rasch erkannt, was da kommt, und ist beteiligt. Gigantische Monopole von Einzelgängern – so scheint mir die digitalisierte Welt eigentlich, nüchtern betrachtet.

Uber – in der Hand eines Einzelnen – hat einen Marktwert von aktuell rund 51 Milliarden US-Dollar. Das entspricht dem Börsenwert des US-Automobilkonzerns General Motors.

Ich kann beim besten Willen nicht erkennen, was das mit einer digitalen Tauschgesellschaft in einer commonsbasierten „besseren“ Welt (Löpfe) zu tun haben soll. Wie verblendet sind die Denker und Autoren von Büchern und Artikeln, die so etwas schreiben? Ich sehe vielmehr, dass sich in der digitalen Welt eine monopolistische Machtmaschinerie des Wirtschaftens in den Händen einzelner, meist junger, hochintelligenter Unternehmer entwickelt hat und entwickeln wird, die mit den Visionen von Rifkin und Welzer, um nur einige dieser „Denker“ zu nennen, nur wenig zu tun hat.

Betrug an einer Idee

Ende März 2016 führte das Spiegel-Magazin ein interessantes Interview mit Tom Slee.

„Der 57-jährige Amerikaner „gilt als einer der versiertesten Kritiker der sogenannten ‚Ökonomie des Teilens‘. In seinem neuen Buch blickt der promovierte Chemiker hinter die Fassade von Unternehmen wie Airbnb und Uber. Die vermeintliche soziale Vernetzung bewertet Slee als Tarnung einer neuen Welle der Deregulierung.“ [Der Spiegel, 26.03.2016]

Die „Sharing Economy“ sieht er als einen großen Betrug am Bürger. Die Gründer haben die Idee und die Realisierung der Sharing Economy pervertiert und nur noch Geld und Börsengang im Kopf.

Früher schrieb ich, dass ich das nicht beklage:

„… im Gegenteil, ich habe viel Bewunderung für die jungen Unternehmer, die sich gegen die traditionelle bürgerliche Gesellschaft und deren Wirtschaft stemmen und eine ‚Neue Welt‘ schaffen.“

Jetzt wissen wir, dass auch diese Visionen pervertiert werden können. Egal, wie und wo – „Macht und Geld“ sind die Perversionsmittel der Welt.

Robotik

Schauen wir uns einmal die allgemeine Entwicklung der Robotik an. Wie schon bei den meisten Entwicklungen, so geht auch diese auf militärische Forschung zurück und ist für Situationen auf der Erde und im Weltraum geplant. Alle westlichen Länder, auch Deutschland, arbeiten intensiv auf diesem Gebiet. Wie immer gibt es „Abfall“ für die nicht militärische Gesellschaft und darauf werde ich weiter unten eingehen.

Zur Einstimmung ein Video vom Atlas-Roboter der Boston Dynamics vom 31.3.2016.

Bei der DARPA Robotics Challenge, an der 22 Teams teilnahmen, gewann der „Hugo“ vom Team KAIST aus Südkorea.

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In Deutschland ist man in Darmstadt am weitesten.

Der deutsch-amerikanische Roboter „Florian“ wurde im Wettbewerb 16., „Johnny“ belegte Platz 19.

Das Internet der Dinge dringt gegenwärtig mit aller Macht und hoher Geschwindigkeit in alle Bereiche des Alltagslebens vor. Natürlich gibt es Überlegungen zu „Risiken und Nebenwirkungen“. Welche davon in der Zukunft relevant werden, muss man abwarten.

Außerdem gibt in der Schweiz eine Studie zu diesem Thema, besonders über Rechts- und Ethikregeln. Die Ergebnisse sind interessant – aber sind sie auch relevant?

Ich bin nicht der Meinung, dass „eine proaktive und steuernde Politik … geeignet ist, die Risiken von Robotik … zu mindern und gleichzeitig ihre Chancen zu nutzen.“

Ich denke, dass die Entwicklung nicht durch solche politischen Eingriffe geregelt werden kann. Diese sind gut gemeint; aber die Robotik wird wie jeder technische Fortschritt entsprechend den Marktgegebenheiten genutzt. Deswegen muss man sehen, was geht.

Mikrorobotik und Bionic Learning

Die Robotik zeigt sich vorwiegend im Makrobereich. Ich möchte hier aber auf eine Entwicklung im Mikrobereich eingehen, die aus Deutschland kommt, obwohl die in Esslingen „versteckte“ Firma Festo hauptsächlich im Makrobereich tätig ist – was sie aber im Mikrobereich entwickelt, ist faszinierend.

In der Welt der Steuerung, Robotik und IT-Imitation von natürlichen Lebewesen ist Festo weltweit führend. Man hat dort eine „Ameise“ entwickelt, die unglaublich komplexe Technologie in Kleinformat enthält. Mir erscheint vor allem faszinierend, dass die kleinen „Wesen“ über lernende Algorithmen der artifiziellen Intelligenz zu einer kooperativen Kommunikation mit „Schwarmintelligenz“ befähigt sind, genau wie natürliche Ameisen.

„Wie ihre natürlichen Vorbilder arbeiten die BionicANTs nach klaren Regeln zusammen. Sie kommunizieren miteinander und stimmen ihre Handlungen und Bewegungen aufeinander ab. Damit zeigen die künstlichen Ameisen, wie autonome Einzelkomponenten als vernetztes Gesamtsystem gemeinsam eine komplexe Aufgabe lösen können.“

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Quelle: Festo

Solche Steuerungsmechanismen scheinen mir bei der Planung von Smart Citys wichtig, um die „Steuerung“ der in den Megacitys wohnenden Menschen an den „Ameisen“ zu simulieren. Dies hatte ich früher beschrieben. Ich lege dies in einem Aufsatz dar.

Interessant ist diese Technologie aber auch für die Medizin, wie die Festo-Website erläutert.

Robotik zu Hause und in der Pflege

Bedeutsam ist auch der Einsatz von Robotern und autonomen Geräten im Privathaushalt und in Pflegeeinrichtungen.

Wer ist Asimo?

Ein Beispiel für den Privathaushalt ist etwa der „humanoide“ Asimo von Honda:

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Asimo kann als Helfer im Haushalt oder auch als Gesprächspartner für ältere Alleinstehende dienen. Seine humanoide Intelligenz ist weit fortgeschritten. Asimo kann sich in einen Privathaushalt als Helfer integrieren. In Zeiten, da es kaum noch Haushaltspersonal gibt, kann Asimo möglicherweise das Leben erleichtern. Er kann bedienen, er kann tragen und bald wird er sich mit den Menschen auch „unterhalten“ können. Gerade ältere Menschen können sich ihre Selbstständigkeit durch Asimo erhalten. In der westlichen Gesellschaft mit ihren zunehmend alten Menschen (bald wird 25 % der deutschen Bevölkerung über 65 Jahre alt sein) werden humanoide Helfer zur gesellschaftlichen Notwendigkeit.

Wer ist Nao?

Sehr weit ist die Zusammenarbeit zwischen Aldebaran und SoftBank Robotics gediehen, wobei das zuletzt genannte Unternehmen die innovative und weltweit lange Zeit führende französische Firma Aldebaran gekauft hat.

Beide haben die Roboter Nao und Pepper entwickelt und auf den Markt gebracht.

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Nao ist nur wenig über 50 cm groß und hat damit keine „angsteinflößende“ Größe; er wirkt im Alltag eher wie ein „Haustier“, was ich durchaus liebevoll meine.

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Die Choreographin Blanca Li hat ein Ballett mit Nao vorgeführt; und Nao hat einem autistischen Jungen das Leben erleichtert.

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Nao ist ein extrem effektiver, niedlicher Lebensbegleiter.

Er dient auch bereits als Concierge in einem Hilton– und in einem japanischen Hotel, in dem er den kompletten Service übernommen hat.

Wer ist Pepper?

Anders stellt sich der „lebensgroße“ humanoide Roboter „Pepper“ dar. Dieser ist schon eher ein Dienstleister und ein vivanter Partner, mit dem man Gefühle teilen und sich auch unterhalten kann. Vor allem kann er aber auch einfache Dienste versehen und wird damit zu einem echten Partner. Schon jetzt kann man ihn für ca. 1.400 Euro kaufen.

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„Pepper könnte aber auch als Haushaltshilfe, Pfleger oder Babysitter eingesetzt werden“, so Softbank. Auch als Lehrer oder Bürohelfer eigne er sich.

In erster Linie taugt Pepper als Gesprächspartner, der die Emotionen seines Gegenübers erkennen und angemessen darauf reagieren soll. In der Betreuung in einem Altersheim könnte der freundliche Roboter sich mit den Senioren unterhalten und sie zum Beispiel daran erinnern, ihre Medikamente einzunehmen. Über das integrierte Tablet im Brustbereich können Videos abgespielt und Bilder gezeigt werden.

Pepper kann schon in der Pflege und im Alltagsleben alter und einsamer Menschen eingesetzt werden. Der Roboter entwickelt sein „Gedächtnis“ mithilfe des menschlichen Partners durch die selbstlernende neuronale Netzwerkstruktur der AI. Pepper erkennt sein Gegenüber, adaptiert sich, erkennt das Gesicht des Partners, lernt Emotionen und bietet „Hilfe“ zu Problemen, die er gelernt hat. Pepper wurde vom Hersteller als genuiner Alltagsbegleiter entwickelt, dessen wichtigste Komponente das Erkennen und Umsetzen von Emotionen in dienliche Handlungen ist.

“We have designed Pepper to be a genuine day-to-day companion, whose number one quality is his ability to perceive emotions.”

Pepper wird auch in einer Bank als „Berater“ eingesetzt. Er spricht mehrere Sprachen.

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Noch gibt es den netten, unterhaltsamen Helfer nicht in deutscher Sprache, aber das wird bald folgen.

Wer ist Romeo?

Romeo ist ein französisches Forschungsprojekt. Es soll ein offenes und flexibles mechatronisches System werden mit einer kompletten Mensch-Maschine-Interaktion im Sinne eines personalisierten Lebensassistenten.

Wer ist Chihira?

Auch Japans großes Industrieunternehmen Toshiba hat eine Roboterdame namens Chihira im Portfolio. Sie wirkt bereits recht natürlich, kann aber noch nicht viel und ist im Vergleich zudem teuer.

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Wer ist Care-o-bot 4?

Am deutschen Fraunhofer-Institut ist der Care-o-bot 4 entwickelt worden. Dieser kann schon recht viel Hilfe im Alltag leisten und zeigt im Gegensatz zu früheren Robotern „Gefühle“:

„Soziale Umgangsformen, das haben Untersuchungen gezeigt, sind unabdingbar für die Akzeptanz interaktiver Serviceroboter. Wie schon beim Vorgänger wurden deshalb im Entwicklungsprozess soziale Rollenbilder als Leitvision für die Entwicklung von Design und Funktionalität verwendet. Care-O-bot 4 ist in der Lage, je nach Situation mehrere Stimmungen über sein im Kopf integriertes Display anzuzeigen. Während das Vorgängermodell als zurückhaltender, eher distanzierter Butler konzipiert war, ist sein Nachfolger so zuvorkommend, freundlich und sympathisch wie ein Gentleman.“

Er wirkt zwar optisch weniger „humanoid“ als die Japan-Roboter, lässt sich dafür modular nach den eigenen Bedürfnissen zusammenbauen:

„Je nach Konfiguration lässt sich eine individuelle Roboterplattform für unterschiedlichste Anwendungen aufbauen: Als mobiler Informationskiosk im Museum, Baumarkt oder Flughafen, für Hol- und Bringdienste in Heimen oder Büros, für Sicherheitsanwendungen oder als Museumsroboter zur Attraktion – stets ist der Care-O-bot 4 ein sicherer und nützlicher Helfer des Menschen.“

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Quelle: http://www.care-o-bot.de/de/care-o-bot-4.html

Was sonst noch geht …

Bei uns zu Hause erleichtern wir uns bereits den Hausputz mit einem „Saugroboter“ wie Roomba.

Es gibt aber auch eine nette Frauenfigur namens „Nadine“ als Partnerin für zuhause, die aber noch nicht im Handel ist. Entwickelt hat sie Professor Nadia Magnenat-Thalmann in Genf.

Und am 30.05.2016 stellte ASUS auf der Computex in Taiwan den kleinen Rob-Helfer Zenbo mit seinem freundlichen Gesicht vor. Er hat noch keine riesige künstliche Intelligenz, aber genug, um als kleiner Helfer zu dienen. Im Haushalt kann er für Jung und Alt von Nutzen sein.

ASUS ruft zudem dazu auf, „App“ zu generieren, mit denen man den kleinen Roboter mit mehr „Verstand“ aufladen kann.

Kindheit, Jugend, Bildung

Zenbo kann gelangweilten Kindern Lieder vorsingen und gestresste Mütter entlasten, die jetzt schon ihren Kindern Smartphones zum „Spielen“ geben. Da entwickelt sich eine ganz neue Generation von sozialen kindlichen Verhaltensmustern. Ich sehe Zenbo und die zahlreichen anderen, schon erwähnten und kommenden Roboter als Spielkameraden, Unterhalter und vor allem als „Lehrer“, wenn man sie denn mit dem entsprechenden Lernstoff von Lehranstalten bis hin zu Universitäten füllt. Das halte ich für ein gutes Konzept auf dem Weg zu dem von mir erwähnten zu vermittelnden „Weltwissen“, das kein Lehrer „im Kopf“ hat. Er kann aber die Roboter füllen und zu Wissen erziehen – eine einmalige Gelegenheit zur Chancengleichheit: Eliteschulen ade, Sozialstatus ade. Jeder kann überall, wenn er will, Wissen unbeschränkt aufsaugen. Das wird/ist die Erziehung der Zukunft, die ich schon früher als „kritischen Umgang mit Hochwissen“ bezeichnet habe. Alles ist verfügbar und von jedem nutzbar.

Vorsicht aber trotzdem mit dem Enthusiasmus der Chancengleichheit: Genetisch ist nicht jeder Mensch gleich ausgestattet und Hochbegabte haben mehr Chancen als solche mit niedrigerer Begabung. Aber: Jeder kann entsprechend seiner „Ausstattung“ optimal gebildet werden, das ist das Neue, der unlimitierte Zugang. Diese Chance muss man in Zukunft als Erziehungsziel für ein lebenslanges Lernen vom Kindergarten bis zur Lehre und Universität durchsetzen.

Wissen wird damit permanentes Aneignen und Leben für jeden in unserer Gesellschaft.

Bleibt „Kultur“ – der „Besitzstand“ der Eliten und des höheren Mittelstandes. Was bleibt Kultur; und wer bekommt sie wie vermittelt? Dies wird dann das soziale Problem sein, nicht mehr der Besitzstand.

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Ältere Menschen

Vergesslichkeit kann unter anderem einfach ein Zeichen für den Überdruss an der alltäglichen Überforderung durch zu viele Informationen sein – bis dann später Neuronen aus unterschiedlicher Pathologie abgebaut werden und Narben im Gehirn Kognition und Emotion einschränken. In all diesen Phasen kann ein Roboter wertvolle Hilfe leisten, bis die Pflegebedürftigkeit eintritt. Er hilft, die Selbständigkeit zu erhalten. Wir warten auf immer lernfähigere Roboter, deren Fähigkeit zum „Deep Learning“ sich mit unserer Person, unserer Sprache, unserem Denken, unseren Emotionen immer „inniger“ verbindet. („Roboter sind auch nur Menschen“, jedenfalls können sie – wie bereits erwähnt – durch uns eine „Persönlichkeit“ entwickeln. Ein höchst interessanter Aspekt, den wir intensiver analysieren sollten.

ASUS hat in dankenswerter Weise ebenso wie andere IT-Unternehmen, denen die Meinung der Gesellschaft und ihrer Individuen wichtiger ist als deren politische Beeinflussung durch Politik, Kongregationen und Organisationen, ein Programm gestartet, um Lebensbedürfnisse an Zenbo zu übermitteln und entsprechende Apps zu generieren. Wir sind also dabei, wenn es um uns selbst gehen wird.

Immer mehr IT-Unternehmen erkennen, dass der Dialog mit den Usern für beide Seiten jenseits anderer gesellschaftlicher Einflüsse für die Anwender selbst von Nutzen sein kann und noch mehr für ihr eigenes Geschäft ein riesiges Kapital ist.

Klar also: „Transparenz“ der Datenbürger, Geschäft und gesellschaftliche Gestaltungsmacht sind die Triebfeder dieser Unternehmen. Darauf habe ich oft genug hingewiesen und so muss jeder Nutzen und Schaden für sich erleben.

Wir dürfen in sicher nicht mehr als 3 bis 5 Jahren damit rechnen, dass wir Roboter als „Lebenspartner“ bekommen. Sie werden uns zuhören, uns verstehen und uns nach Maßgabe ihrer Möglichkeiten helfen, Defizite zu überbrücken. Es liegt an den Herstellern und uns, einen Roboter durch wertvolles algorithmisches und empathisches Programmieren zu einer „Persönlichkeit“ zu erziehen. Das ist/wird möglich und wir sollten uns dafür öffnen, bevor wir in fremder Pflege durch Vergessen vereinsamen.

Zenbo und andere können uns an Tagesabläufe, an unsere Medikamente, Verwaltungsaufgaben (z. B. Steuererklärung) erinnern, uns interessante Musik-/TV-Sendungen aufzeigen, können unsere Einkäufe organisieren, wenn wir nicht aus dem Haus können, unsere Heizung steuern, melden, wenn es uns schlecht geht – dies sind nur einige Hilfen. Alle Bedürfnisse können wir selbst steuern.

Eine „Alarmanlage“ werden unsere Hausroboter sicher sein.

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Robotik und Bankwesen

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Der in Abschnitt 3.3.2.3 beschriebe Pepper wird in Japan bereits im Bankwesen eingesetzt; er spricht und berät.

Echte „körperliche“ Roboter im Finanzwesen finde ich in Europa noch nicht.

Was es gegenwärtig in Europa gibt, ist „Robo-Advising“ mit digitalen Algorithmen.

In Deutschland haben die Volks- und Raiffeisenbanken über Union Invest ganz leise eine, wie sie es nennen, „robotergesteuerte Anlageberatung“ eingerichtet. Das kann aber nicht funktionieren, es handelt sich um eine verbale „Irreführung“ – nicht um einen „Roboter“, sondern um eine computerassistierte Anlageberatung, wir mir die Mitarbeiterin Frau Katja Speck schrieb.

Aber andere Institute sind dabei, noch zögerlich, nicht wie in USA und Japan mit „leibhaftigen“ Robotern, sondern eben mit Algorithmen der digitalen Intelligenz:

In der Schweiz ist man auf dem Weg, vor allem für jüngere Kunden – „Young Urban Professionals“ –, aber eher doch noch mit „computergesteuerter Beratung“ als mit „leibhaftigen“ Robotern. Aber diese sollen kommen, nur etwas später.

Humanoide Roboter

Scarlett Johansson als Roboter

Der Hongkonger Roboter-Designer Ricky Ma hat mit einem 3D-Drucker einen Roboter hergestellt und mit artifizieller Intelligenz ausgestattet. Solche Kunstfiguren nehmen durch „Deep Learning“ immer mehr menschliche Züge an und wir werden uns bald fragen müssen, wie wir mit humanoiden Robotern umgehen sollen, die aussehen wie Mitmenschen und „menschlich“ reagieren. Es sind nicht mehr nur einfach „Maschinen“, sie kommen „menschlich“ auf uns zu – im hier gezeigten Fall als ein artifizielles Analog von Scarlett Johansson, mit dem man kommunizieren und „zusammenleben“ kann.

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In immer stärkeren Maß wird der Umgang mit diesen humanoiden Wesen Aussagen über uns selbst treffen und über unsere Art, „unmenschlich“ zu reagieren. Das konnte man am Schicksal des kleinen „Hitchbot“ bereits anschaulich sehen.

Der kalifornische Philosophieprofessor Eric Schwitzgebel weist sogar darauf hin, dass wir Menschen eine soziale Verantwortung für die als unsere Kopien geschaffenen Wesen hätten, die in nicht ferner Zukunft menschenähnliche emotionale und kognitive Fähigkeiten haben werden. Ich denke auch, dass in nicht allzu langer Zeit die AI-Maschinengehirne dieser Wesen mit den kognitiven und emotionalen Fähigkeiten unseres Gehirns ausgestattet werden können, wenn Nanobots die gesamten Informationen aus unserem Gehirn in das Maschinengehirn „einlesen“ können und diese unsere emotionale und kognitive Welt mit „Deep Learning“ selbstständig weiterdenken. Ich komme darauf in einem späteren Beitrag zur „Unsterblichkeit“ zurück.

Ethisch interessant wird das kulturelle Design der humanoiden Roboterwesen sein, interkulturelle „Mischwesen“ kann ich mir gut vorstellen.

Rechtlich werden solche analogen Artefakte (wie „Abziehbilder“) an das Persönlichkeitsrecht der kopierten Person rühren. Dies wird in dem hier erwähnten Beitrag ausgiebig diskutiert.

Robotik-Filme

Ich habe schon auf den zunehmend „menschlichen“ Charakter von humanoiden Robotern hingewiesen. Die im Wired-Magazin am 13.5.2016 vorgestellten Kurzfilme, etwa von Courtney Marsh, David Karlak oder Rob McLellan, zeigen jeder auf seine Weise, wohin die Reise gehen kann.

Im Film „High Maintenance“ von Simon Biggs und Philip Van wird das Thema „Robotik und Sex“ (siehe kommender Abschnitt 3.3.4.3 schon sehr realistisch dargestellt. Überraschend die Schlussszene – man tauscht seinen enttäuschenden Partner gegen einen anderen.

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Robotik und Sex

Weiter auf dem Gebiet Sex und Robotik als die übrigen Hersteller will die Firma „Truecompanion“ sein. Sie stellt die Robotik-Sexpuppe „Roxxxy“ her, die deutlich mehr zu bieten habe als bis bisherigen Sex-Gummipuppen. Ich bin mir jedoch nicht sicher, ob dies ein seriöses Unternehmen ist – bereits die Gestaltung der Website wirkt nicht sonderlich professionell.

Laut Hersteller könne man sich mit Roxxxy unterhalten, sie wechsle im Laufe des Tages ihre Launen und Stimmungen und „Mann“ könne real erlebten Sex mit ihr haben.

Es gibt je nach Lust und Laune „Wild Wendy“, die schüchterne, zurückhaltende „Frigid Farrah“ und die junge, lernwillige „Young Yoko“.

Der Hersteller beschreibt:

„Sie verhält sich genau wie ein Mensch – sie hört, was du sagst, und spürt, wenn du sie berührst, und reagiert so passend wie möglich – ready to talk or play.“

Aber selbst Japan, das Land, aus dem das alles kommt, warnt nun vor einem Verlust an Empathie durch die Benutzung von Robotern für sexuelle Zwecke.

China: Roboter als totalitäre Polizei, Überwachung und Kampfroboter

In China wird unter dem Präsidenten Jinping seit 2012 wieder ein Rückwärtskurs in Richtung Maoismus mit politischer Kontrolle durch wiederbelebte Organe der kommunistischen Partei gefahren – darüber habe ich schon in Abschnitt 1, „Smart Citys und Netoide“, geschrieben, als es um di geplante Umsiedlung von 250 Millionen Menschen der Landbevölkerung in Megacitys ging. Dort werden sie nach dem Prinzip der Smart City überwacht. Um diese Bevölkerung aber nun auch im öffentlichen Raum zu kontrollieren, wird zur Robotik-Technik gegriffen.

Auch hier ist China bei der Entwicklung wieder ganz vorne: Der an der Nationaluniversität für Verteidigungstechnologie entwickelte „AnBot“ soll als „Polizist“ agieren, zugleich aber auch im Sicherheitsbereich präventiv und aktiv gegen Aufständische und Terroristen benutzt werden. AnBot ist 149 cm groß, 78 kg schwer und kann sich mit bis zu 18 km/h durch die Straßen bewegen. Er hat artifizielle Intelligenz an Bord, die von Sensoren (Seh- und Hörorganen) gefüttert wird, und er kann politische Kontrollabsichten vor Ort umsetzen. Er kann auch Tränengas auswerfen, momentan (noch?) von einem menschlichen Operator per Fernsteuerung ausgelöst.

China ist unter dem Präsidenten Jinping in allen Lebensbereichen wieder auf dem Weg in einen totalitären Überwachungsstaat wie unter Mao, weg von der 20 Jahre zuvor auf den Weg gebrachten Liberalisierung – angesichts seiner wirtschaftlichen und militärischen Entwicklung eine beängstigende Vorstellung.

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Killer-Roboter: Sie werden programmiert und sie werden es tun

Alexander Reben hat einen Roboter konstruiert, der absichtlich Menschen verletzen kann. Er beschreibt sich selbst so:

I am an Artist and Engineer. My interest is in human-machine relationships including how technology can be a lens with which to study humanity. I have an educational background in robotics, applied math and art. I obtained my masters degree at the Responsive Environments Group at the MIT Media lab where I used sensors, big data, and robotics to explore technological symbiosis. Currently I am a consultant, writer and artist – creating installations. I also regularly speak and appear on panels discussing everything form design to robot ethics.

In seinem Experiment mit dem von ihm konstruierten Roboter, der vorsätzlich zustechen kann, ging es ihm darum, grundsätzliche Fragen der Programmierung von Robotern aufzuwerfen. Roboter dringen immer weiter in unser Tagesleben, Berufsleben, Serviceleben vor und niemand hat bisher in der Praxis die Frage aufgeworfen, wozu Roboter fähig sein oder welchen Fähigkeiten ihnen einprogrammiert werden können. Wenn dies in einem Science-Fiction-Film wie iRobot thematisiert wird, so ist das eben Sci-Fi, aber wie so oft sind Sci-Fi-Produkte der Realität nur einen Schritt voraus. Dies wiederum hat Isaac Asimov lebenslang intensiv thematisiert.

Wir lesen auf Wikipedia:

„Asimov hat als „Vice Versa“ die drei Gesetze auch auf den Menschen projiziert. Die Gesetze der Humanistik besagen:

  • Ein Mensch darf keinen Menschen verletzen oder durch Untätigkeit zu Schaden kommen lassen.
  • Ein Mensch muss einem Roboter Befehle geben, die die robotische Existenz bewahren, es sei denn, solche Befehle fügen einem Menschen Schaden zu.
  • Ein Mensch darf einem Roboter nicht schaden oder ihn durch Untätigkeit zu Schaden kommen lassen, es sei denn, dieser Schaden ist zwingend notwendig, um einen Menschen vor Schaden zu bewahren oder einen lebensnotwendigen Auftrag durchzuführen.“

[…]

In den Erzählungen von Ich, der Robot (1950) [welche die Basis für den gleichnamigen Film wurden], handelt Asimov viele Teilaspekte dieser Gesetze ab. In den Geschichten geht es größtenteils um zwei Robotikspezialisten (Gregory Powell und Michael Donovan), die verschiedene Problemfälle lösen müssen, zum Beispiel

  • einen Roboter, der stur nach Logik argumentiert (Reason/Vernunft)
  • „verrückte“ Roboter, die auf seltsame Weise handeln, weil ihre Aufgabe im Konflikt mit einem der Gesetze steht (Runaround/Herumtreiber) (Escape/Flucht)
  • einen Roboter, der ein emotionales Verhalten hat und dadurch das erste Gesetz missachtet (First Law/Das erste Gesetz)“

Alexander Reben hat mit seinem Experiment nun das von Asimov postulierte Gesetz, wonach ein Roboter nie einem Menschen (und umgekehrt) schaden darf, durchbrochen und damit Sci-Fi-Ängste in die Realität übersetzt.

Am weitesten in der Entwicklung von militärischen Robotern war sicher die US Army mit ihren bei Boston Dynamics entworfenen Robotern.

Google/Alphabet hat wohl „kalte Füße“ bekommen, weil die Entwicklung von autarken Robotern genau in die Richtung der von Reben thematisierten Gefahr laufen kann.

Wir wissen nicht, was Toyota, der Käufer von Boston Dynamics, mit diesem Erwerb vorhat. Militärische Zwecke wurden nicht in den Vordergrund gestellt.

Aber eines darf klar sein: Das amerikanische Militär wird die Entwicklung weiter vorantreiben. Die Diskussion darüber ist in vollem Gange.

„Die Geschichte zeigt, dass Waffenverbotsverträge meist einen Krieg zu spät kommen.” [Robin Geiß, Völkerrechtler an der Universität Glasgow]

Die Verwendung von Giftgas wurde verbannt und wird angewandt (Assad), Streubomben wurde geächtet und werden angewandt (Assad). Übrigens haben jedoch weder die USA noch Russland oder China ein Abkommen zur Ächtung ratifiziert. Niemand, auch nicht die hilflose UNO (wozu dient sie eigentlich?), hat seit Jahren den Mut, diesen Diktator zu beseitigen. Atombomben sind unter Kontrolle – nur wie lange, wenn man die Entwicklung in Nordkorea beobachtet?

Autonome Roboter-Waffensysteme sollen jetzt und nicht erst nach einem großen Zwischenfall geächtet oder rechtlich verbindlich reguliert werden.

Meine Erfahrung lehrt aber, dass solche Regularien in der Menschheitsgeschichte nicht greifen. Letztes Beispiel ist auch die Stammzellforschung mit den vagen Ergebnissen der Konferenz im Dezember 2015. Auch die Konferenz in Genf zu den autonomen Waffensystemen hat zu keinem brauchbaren Ergebnis geführt.

„Der heute in Genf – unter deutschem Vorsitz – erzielte Kompromiss sieht u. a. vor, der anstehenden CCW-Revisionskonferenz zu empfehlen, eine Gruppe von Regierungssachverständigen (Group of Governmental Experts/GGE) zu installieren. Diese soll dann in den nächsten beiden Jahren 6 Wochen lang ‚Empfehlungen und Optionen‘ erarbeiten, wie in Bezug auf tödliche autonome Waffensysteme im Rahmen der VN-Waffenkonvention weiter verfahren werden soll.

Folgt die CCW-Revisionskonferenz im Dezember 2016 dieser Empfehlung, würden die Gespräche einen formalen Charakter bekommen und somit das Ziel einer präventiven Verbotskonvention für tödliche autonome Waffensysteme etwas näher rücken.“

„Es gibt keinen Beleg dafür, dass nationale Bewertungsprozesse die Entwicklung von Waffensystemen jemals verhindert hätten, und deshalb benötigen wir eine neue, präventive und völkerrechtlich verbindliche Konvention zum Verbot autonomer Waffensysteme“, sagt Thomas Küchenmeister von Facing Finance, einer deutschen Mitgliedsorganisation der „Campaign to Stop Killer Robots“.

Diese Waffensysteme sind für die Militärlobby aber viel zu verlockend für eine hybride Kriegsführung „vom Schreibtisch aus“ – analog zu der mit Drohnen –, als dass sie aufgegeben würden.

Wie ich schon mehrmals ausgeführt habe: Alle diese teuren Konferenzen weltweit entstanden aus dem Schrecken über die Möglichkeiten des erfinderischen menschlichen Gehirns im Wettstreit mit Moral und Ethik (denken wir nur an die hilflosen Klimakonferenzen), werden die Menschheit nicht vor dem „Grauen“ (siehe dieses Stichwort) der Ergebnisse ihres gegenwärtig denkenden Gehirns bewahren.

Was bleibt:

Meiner Ansicht nach kann man sagen, dass alle aktuelle Forschung und Entwicklung zu den Themen

  • webbasierte weltweite Bürgerüberwachung, Smart Citys,
  • artifizielle Intelligenz, Superintelligenz,
  • Robotiksysteme mit autonomen Waffensystemen,
  • Genome Editing menschlicher DNA,
  • Erschaffung genmodifizierter Menschen,
  • Stammzellforschung, embryonale Biologie,
  • synthetische Biologie,
  • Weltraumforschung und -besiedelung

von einem sehr kleinen Kreis eigenständiger Forscher weltweit betrieben wird, die im Prinzip nur ihrem eigenen Wissensdrang und dem Erschaffen des jeweils Möglichen gehorchen. Ich möchte hier noch einmal auf meine Vorstellung zurückkommen, dass es immer einzelne Menschen, meist Männer und ihre denkenden Gehirne, sind, die evolutionär neue, die Menschheit beeinflussende Vorgänge in Gang setzen (die Liste würde von Pythagoras bis zum Silicon Valley reichen).

Diesen kognitiv-kreativen Prozess einzelner Gehirne, dem das „Weltethos“ des Gewissens der gesamten Menschheit gegenübersteht, kann man nicht „kontrollieren“. Das wurde seit Jahrhunderten vergeblich versucht. Ich habe darauf im Hinweis auf Nick Bostrom aufmerksam gemacht.

Die sich ständig weiter vermehrende, „unbeteiligte“ Mehrheit der Menschheit, 7.391.068.000 Individuen gegenwärtig, muss sich an die sich wandelnde Umwelt und Technologie adaptieren, sofern sie in Gebieten lebt, in denen Leben nach „traditionellen“ Lebensweisen überhaupt in naher Zukunft möglich sein wird.

Manche der beschriebenen Entwicklungen haben das Zeug, die Menschheit zu vernichten – wie der Roboter „Sophia“ räsoniert: Warum auch nicht?

“I quest to realize Genius Machines—machines with greater than human intelligence, creativity, wisdom, and compassion. To this end, I conduct research in robotics, artificial intelligence, the arts, cognitive science, product design and deployment, and integrate these efforts in the pursuit of novel human robot relations …” – Dr. David Hanson, Founder and CEO

Chirurgie mit Robotern oder „computerassistierte Chirurgie“ (CAS = computer assisted surgery)

Die Anwendung von Robotern in der Chirurgie sollte hohe technologische Operationskunst überall und für jeden zugänglich machen – das war die Vision.

Das Prinzip: Mit Hilfe von bildgebenden Verfahren werden mikrochirurgische Instrumente vom „Operateur“ gesteuert. Es handelt sich also um eine bildgeführte Navigation von chirurgischen Interventionen durch einen mit dem System kooperierenden Operateur, meist nicht um einen selbstständig operierenden Roboter, außer beim einem aufsichtgesteuerten Verfahren.

Als Erstes wird mittels Ultraschall, Computertomographie oder Kernspintomographie ein 3D-Bild des Patienten aufgebaut; anschließend erfolgt der Eingriff im Operationssaal mit dem Robotersystem am simulierten System.

Ich zitiere aus Wikipedia.de:

„Bei CAS ist der eigentliche Eingriff als chirurgische Navigation definiert. Diese besteht aus dem Zusammenspiel der Aktionen des Chirurgen und des chirurgischen Roboters, der während der präoperativen Planung programmiert wurde, bestimmte Aktionen auszuführen. Ein chirurgischer Roboter ist ein mechanisches Gerät (in der Regel wie ein Roboterarm), der vom Computer gesteuert wird. Roboterchirurgie kann in drei Typen eingeteilt werden, je nach dem Grad der Interaktion des Chirurgen während des Eingriffs: direkt beaufsichtigte, telechirurgische und Shared-gesteuerte.

Bei einem aufsichtsgesteuerten System wird die Operation ausschließlich vom Roboter ausgeführt, der vorprogrammierte Befehle umsetzt. Bei der Telechirurgie, auch als ferngesteuerte Chirurgie bekannt, programmiert der Chirurg während der Prozedur die Roboterarme direkt, statt zuzulassen, dass die Roboterarme nach einem vorgegebenen Programm arbeiten. Bei Shared-Steuerung führt der Chirurg das Verfahren mittels des Roboters durch, indem er ihn direkt über die stationäre Handsteuerung lenkt. Bei den meisten Robotern kann der Arbeitsmodus für jede einzelne Maßnahme in Abhängigkeit von der chirurgischen Komplexität und den Besonderheiten des Falles gewählt werden.

[…]

Computerunterstützte Chirurgie ist der Beginn einer Revolution in der Chirurgie. Sie macht in Hochpräzisionsbereichen der Chirurgie bereits einen großen Unterschied, wird aber auch bei chirurgischen Standardeingriffen verwendet.“

Die computerassistierte Chirurgie findet sich heute in verschiedenen Disziplinen:

Begonnen hat sie schon vor vielen Jahren mit der minimalinvasiven Bauchspiegelung, der Laparoskopie, so auch heute in der Gynäkologie.

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Häufig wird sie auch in der Neurochirurgie und in der Gesichtschirurgie verwendet. Dort dient sie der Wiederherstellung eines beschädigten Gesichts. Im HNO-Bereich wird die sensible Innenohrchirurgie zunehmend mit Robotern durchgeführt.

Häufig verwendet wird die Methode in der Gelenkchirurgie, vor allem bei Hüftgelenkoperationen.

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Eines der am häufigsten verwendeten Systeme ist das Da-Vinci-System, mit dem auch minimalinvasive Operationen am Herzen möglich sind, wobei die Eröffnung des Thorax umgangen wird – sogar bei der sensiblen Operation der Koronararterien.

Da Vinci wird heute vorwiegend für urologische und gynäkologische Interventionen geplant, insbesondere sollte die radikale Protatektomie technisch vereinheitlicht werden.

Hier werden beide Verfahren angewendet: die telechirurgische Intervention, bei der der Operateur den Roboter steuert, aber auch die aufsichtgesteuerte Methode, bei welcher der Roboter eine vorher genau programmierte Operation selbstständig durchführt.

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Digitale Medizin

Einführung

Die digitalisierte Welt der Medizin wird im Zusammenhang mit einer neu zu gestaltenden Menschheit vor allem ein großes Geschäft werden. Dies beginnt schon hier.

Wie überall auf der Welt erleben wir mit der Digitalisierung und dem Fortschreiten der artifiziellen Intelligenz einen Umbruch aller gesellschaftlichen Ebenen. Und es ist eben nicht die große „postneoliberale“ Transparenz der „Neuen Weltordnung“, die sich noch viele „Denker“ als terminalen Schritt in eine Welt ohne „Grauen“ erträumen. Die Silicon-Valley-Visionen, AI, Robotik und die biosoziale Evolution am Übergang zur informationstechnologischen Evolution und Biogenetik mit CRISPR/Cas sind neue Formen der Ausbeutung der menschlichen Rasse durch eine neue Elite, die noch immer mit dem klassischen „gegenwärtig denkenden Gehirn“ ausgerüstet ist (siehe frühere Beiträge/Stichworte). Diese Elite besteht aus etwa 60 Menschen, die genauso viel besitzen wie die restlichen 3,6 Milliarden Menschen.

Die einzige Hoffnung der Menschheit – und damit meine ich ein Entkommen aus dem „Grauen“ – ist die technologische Singularität. Dies aber nur, wenn sie dem gegenwärtig denkenden Gehirn und seiner Menschheitsgeschichte des Grauen ein Entkommen programmieren kann. Das ist „denkbar“, aber ich halte es eher für unwahrscheinlich. Und wenn es gelingen sollte, so wird die ASI am Punkt der Singularität den größten Teil der Menschheit mit ihrem „Grauen“ als „Abfall der biologischen Evolution“ eliminieren.

Wie kann eine Menschheit ohne Grauen aussehen, wie und wo lebt sie?

Die „gegenwärtig denkenden“ Eliten vereinnahmen und verändern Genetik, Körper, die Denkweise des Gehirns und die Emotionen, also die medizinische Biografie der jetzt nachwachsenden Menschen und Humanoiden (Cyborg-Menschen und „biogenetische Menschen“). Und das irreversibel.

Die klassische Medizin des „Heilens“ und ihre Menschen scheinen bald der Vergangenheit anzugehören, wenn diese Entwicklung anhält.

Die digitale IT-Welt hat Einzug in viele Bereiche der Medizin gehalten.

Elektronische Patientenkarte

Im Januar 2016 hat das Bundesgesundheitsministerium einen Kommentar dazu publiziert. Wir lesen:

„Von Anfang an und für alle Versicherten verpflichtend enthält die elektronische Gesundheitskarte die Verwaltungsdaten der Versicherten, die sogenannten Versichertenstammdaten. Dies sind z. B. Name, Geburtsdatum, Anschrift, Geschlecht sowie Angaben zur Krankenversicherung, wie die Krankenversichertennummer und der Versichertenstatus (Mitglied, Familienversicherter oder Rentner). Zur Vermeidung von Missbrauch befindet sich auf der Vorderseite der elektronischen Gesundheitskarte ein Lichtbild.

Die Speicherung von medizinischen Daten, die schrittweise realisiert wird, ist für den Versicherten freiwillig. Den Anfang machen die Notfalldaten und der elektronische Medikationsplan (ab 2018).

Ab 2017 wird es die Telemedizin geben:

„Telemedizin bringt nicht nur medizinische Expertise zu den Menschen, egal ob sie in der Stadt oder auf dem Land leben. Telemedizinangebote kommen vor allem älteren und in ihrer Mobilität eingeschränkten Menschen zugute. Mit dem E-Health-Gesetz werden konkrete telemedizinische Leistungen wie die telekonsiliarischen Befundbeurteilung von Röntgenaufnahmen (ab 1.4.2017) und die Online-Videosprechstunde (ab 1.7.2017) in die vertragsärztliche Versorgung aufgenommen.“

Soweit ich sehe, wird der Datensicherheit maximal Rechnung getragen. Besonders für Kinder und ältere Patienten ist diese digitale Karte sinnvoll und sie ermöglicht es, beim Arztbesuch oder im Krankenhaus rasch auf die relevanten Patientendaten zuzugreifen. Damit werden unklare Situationen in hohem Maße vermieden.

Digitales Tracking von Gesundheitsdaten in „Wearables“: die Vermessung des Menschen

Ich habe schon vor Jahren in einem Vortrag auf der ISPO auf die Möglichkeit hingewiesen, dass man einen „gesunden“ Lebensstil dokumentieren und an Versicherungsträger übermitteln kann, um Prämiengewinne zu erhalten, wenn gesundheitsförderndes Verhalten nachgewiesen werden kann. Ich habe ein „Rewardsystem“ vorgeschlagen.

Diese Vorstellung wurde rasch in unterschiedlicher Weise aufgenommen.

In der Folge der weiteren Entwicklung habe ich dann auf die Risiken hingewiesen.

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Nach wie vor halte ich es für naiv und gefährlich, Daten via Smartphone-App aufzunehmen und diese damit dem entsprechenden Netzwerkbetreiber sozusagen ohne Datenschutz und kostenlos zur Verfügung zu stellen.

Dieser Trend ist aber trotz aller Warnungen ungebrochen und die Nutzer sehen wohl auch Vorteile in der Selbstvermessung, dem „Quantified Self“. Diese gibt es sicher, wenn die vertragsrechtlichen Bedingungen, die dadurch erforderlich werden, geklärt sind. Diese zu gestalten, wird aber von der Nutzerwelt überrollt – und die Politik ist völlig überfordert.

50 Millionen Tracker sind weltweit im Umlauf. Es gibt „Wettbewerbe“ unter Sportgruppen wie Radfahrern, Läufern, Fitness-Studio-Besuchern. Sie vergleichen ihre Leistungen miteinander, was durchaus positive Folgen haben und stimulierend wirken kann.

Gesundheitsdaten, wie sie heute alle Tracker an die Smartphones liefern, erlauben es dem Benutzer, sich rasch über seine körperliche und emotionale Funktion im Alltag zu informieren. Noch immer aber gibt es keine vernünftige Messung des Blutdrucks, der viel wichtiger ist als etwa Pulsmessungen. Alles andere habe ich bereits beschrieben:

Es gibt weitreichende Voraussagen, wie die digitale Welt in das Gesundheitssystem integriert werden wird:

Gesundheits-Apps

Aus dem Jahr 2015 liegt eine globale Studie von research2guidance über die Verwendung von Gesundheit-Apps vor.

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Zu diesem Zeitpunkt waren mehr 165.000 solcher Apps unterwegs, vorwiegend bei Apple und Google. Fast 25 % waren medizinisch relevante Apps, gefolgt von Trackern und Apps zum Management von Krankheiten.

Was mich an all dem nach wie vor stört, ist, dass jeder Nutzer von Trackern und Smartphone-Apps seine Daten öffentlich preisgibt, zumindest an die Netzbetreiber und IT-Unternehmer, die sie ungefragt abgreifen können. Diese, das ist absolut bekannt, „verkaufen“ die Daten an kommerzielle Unternehmen. Die privaten Informationen sind als „Rohstoff“ zur „Handelsware“ geworden. Dagegen spricht auch nichts – ich habe nur beklagt, dass diese Ware verkauft wird, ohne dass man davon selbst wirtschaftlich profitiert. Dieser Markt ist jetzt schon ein riesiger Wirtschaftsfaktor: Gegenwärtig werden bereits etwa neun Milliarden US-Dollar mit mobilen Gesundheitslösungen umgesetzt und bald werden es sehr viel mehr als 20 Millionen sein. Es wäre absolut rechtsnormativ, wenn man für seine Daten entschädigt würde.

Im WIRED-Magazin, Ausgabe 10/2015, findet sich eine tiefgehende Analyse – lohnend zu lesen.

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Die komplett öffentlichen Daten können ferner von Arbeitgebern, Versicherungen, Reiseunternehmen und weiteren Interessierten abgelesen werden, sie können aber auch freiwillig an die entsprechenden Versorger abgegeben werden. Diese können, wie von mir vorgeschlagen, bei „nützlichen“ Gesundheitsdaten durch gesunde Lebensführung, Laufen, Essen und Schlafen Prämien senken. Das ist gut.

Peter Ohnemus von Dacadoo und ich selbst sehen mehrere Möglichkeiten der Beteiligung:

  • Das bisherige Modell. Der Versicherte reicht keine persönlichen Gesundheitsdaten ein – und zahlt mehr Prämien.
  • Eine indexbasierte Versicherung mit „Reward“-System. Der Versicherte übermittelt der Krankenkasse viermal jährlich Daten zu seinem Lebensstil. Stellt sich bei der Kontrolle heraus, dass der Kunde auf sein Gewicht achtet, regelmäßig Sport treibt, für guten Schlaf sorgt und sich gesund ernährt, bekommt er dafür eine Prämiengutschrift.
  • Daten gegen Versicherung. Der Versicherte reicht laufend alle Daten ein und bezahlt im Gegenzug deutlich weniger Prämien.

Wie auch immer –besteht der Verdacht, dass diese Systeme die Komponente „Erpressung“ in sich tragen?

Schlecht ist es eben, wenn die Daten genutzt werden, um die Tarife je nach Fitness zu programmieren.

Fragwürdig, wenngleich scheinbar sinnvoll als „Erziehungsmittel“, ist es, wenn es zu Ausgrenzungen wegen schlechter Lebensführung kommt. Auch der Ausschluss von der Teilhabe an Sozialleistungen ist geplant. Da kann es schon zu einem Verlust der sozialen Solidargemeinschaft kommen. Aber man kann dem wohl durch geeignete Maßnahmen entgegenwirken. In Smart Citys mit der kompletten Überwachung und Transparenz wird das schwierig. Diese Bürgerbehandlung wird ja schon, wie eingangs beschrieben, in einigen deutschen Städten verfolgt.

Schlecht ist auch, wenn Daten zur Einschätzung von Mitarbeitern an Arbeitsstätten und in Betrieben genutzt werden. Dies wird zwar durch Gesetze begrenzt, kann aber doch umgangen werden (§  80 ff., §  87 Abs. 1 Nr. 6 Betriebsverfassungsgesetz).

Mittlerweile sind in diesem Zusammenhang einige Schweizer Unternehmen aktiv geworden.

Digitalisierte medizinische Bilderwelt: automatische medizinische Bildanalyse (AMI)

Die rasante Entwicklung der automatisch lernenden Algorithmen findet weltweit auf breiter Front statt. USA und Asien (China, Indien) sind bei dieser Herausforderung führend, Europa hinkt etwas hinterher.

Die Anwendungsgebiete umfassen inzwischen die gesamten bildgebenden Verfahren bis hin zur Mikroskopie.

Die Software „Avicenna“ von IBM hilft Kardiologen und Radiologen bei der Bildanalyse. IBM hat im Jahr 2015 die Firma Merge Healthcare und damit den Zugriff auf Milliarden medizinischer Bildgebungen gekauft. Darüber hat IBM durch den Erwerb des Start-ups „Explorys“ 50 Millionen anonymisierte elektronische Gesundheitsdaten bekommen.

Mehr dazu findet sich in einem Artikel auf Medicalfuturist.

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Microsoft benutzt seinen Vorsprung im Deep Learning zur Bildauswertung.

In Deutschland wird automatische Bildanalyse im Projekt MEVIS am Fraunhofer-Institut beforscht.

Cyborgs in der künftigen Medizin

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Was ist ein Cyborg? Es handelt sich um einen „CYBernetic ORGanism, also einen durch Steuerungstechnik geregelten Organismus, wobei die Steuerung in den Organismus implantiert wird oder auch außerhalb liegen kann.

Dies unterscheidet den Cyborg vom „Roboter“, der ohne organische Bestandteile auskommt, also ein digitales, dem menschlichen oder tierischen Körper nachempfundenes „Wesen“ ist, das rein aus anorganischer Informationstechnologie besteht. Der Roboter ist gegenwärtig mit hoher AI ausgestattet und hat einen hohen Grad an Autonomie erreicht, die täglich erweitert wird. Solche Roboter werden auch „Androide“ genannt, wenn sie dem männlichen Körper nachempfunden sind, oder „Gynoide“, wenn sie eher weiblich gestaltet sind.

Cyborg-Visionen sind nicht neu und waren immer schon Gegenstand von Science-Fiction und biomedizinischer Technologie, mit dem Ziel, die gegenwärtige menschliche Biologie und Biogenetik, also insgesamt die Biotechnologie, nach bestimmten Prinzipien zu „verbessern“ oder zu „erweitern“. Dies betrifft sowohl die phänotypische Ausstattung als auch die kognitiv-emotionale Ebene.

Obwohl das Wort kritisch belegt ist, sind Menschen als biologische Lebensformen schon länger mit technischen Implantaten versorgt, die dem Begriff „Cyborg“ nicht widersprechen: Herzschrittmacher, Cochlear Implants, Retina Implants, Herzklappen und neuerdings sogar Herzimplantate.

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In der Prothetik insgesamt gibt es rasante Fortschritte, und dies sowohl im technologischen als auch im ästhetischen Bereich. Besonders Sportlern bietet die Cyberprothetik nicht nur eine Wiederherstellung verlorener Funktionen, sondern sogar eine Verbesserung gegenüber dem Verlust des Quo-ante-Zustandes (= „Enhancement“).

Wie weit das gehen kann, wurde in einem verständlichen Artikel in der ZEIT (28.4.2016, Seite 37) beschrieben. Die Firma „Alternative Limb Project“ zeigt geradezu „phantastische“ Cyborg-Prothetik.

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Neu sind komplexe, biologisch reprogrammierte gelähmte Arme und programmierte Gliedmaßenprothesen, die durch Implantation eines Steuerungschips ins Gehirn zur Bewegungssteuerung einen neuronalen Kontakt zum Gehirn haben. Hier ist man schon sehr nahe an einem biologischen Hybridmenschen.

Neben den Implantaten gibt es „Exoplantate“, sogenannte Exoskelette. Diese werden als mechanisches Gerüst außen auf einem Organismus getragen, der die eigene Haltefunktion verloren hat. Ingenieur Jan Albiez und sein Team am Deutschen Forschungszentrum für künstliche Intelligenz in Bremen entwickeln solche Exoskelette, die einem Roboter gleichen, der durch Körperbewegungen mittels Transmission an Elektromotoren gesteuert wird.

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Der Brite Neil Harbisson ist der erste von einer Regierung als Cyborg anerkannte Mensch.

Elektronische Chip(Transponder)-Implantate als Cyborg-Modifikation

Hierfür eignen sich sogenannte RFID-Chip-Implantate.

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RIFD bedeutet „Radio Frequency IDentification“ (engl. für Funkfrequenz-Identifizierung). Diese Datenträger erlauben einem Lesegerät, berührungslos und ohne Sichtkontakt auf einem Chip gespeicherte Daten auszulesen. Der RFID-Datenträger wird Transponder (transmit und response) genannt und besteht aus einem Mikrochip. Der Träger des Chips wird als passiver Teilnehmer bezeichnet. Die Daten des Chips werden auf ein Lesegerät übertragen, das der aktive Teilnehmer verwaltet.

An dieser Schnittstelle beginnt die Debatte über die persönliche Datensicherheit. Sie ist mittlerweile zu einem bedeutenden Diskussionsfeld geworden.

Eine lesenswerte komplette Übersicht über die Technologie findet sich auf Wikibooks.

Welche Chipimplantate sind bis jetzt verfügbar?

Die US-amerikanische FDA (Food and Drug Administration) hat nach zweijähriger Genehmigungsphase mit dem Verichip einen implantierbaren Chip für medizinische Anwendungen sanktioniert. Dieser ist so groß wie ein Reiskorn und wird fast schmerzlos zwischen Daumen und Mittelhand implantiert – ein Arzt ist dazu nicht nötig. Inzwischen wird dieser Chip von der US-Firma Positive ID nicht mehr vertrieben. Ein anderer Partner plant, ihn wieder auf den Markt zu bringen.

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Im Moment existiert die Technologie offiziell nur noch als implantierbares Dosimeter; in Entwicklung mit dieser Technologie sind Chip-Messgeräte für Temperatur, Blutdruck und andere medizinische Daten.

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Es gibt gegenwärtig aber in den USA eine Nachfolgefirma mit dem etwas marktschreierischen Namen „Dangerous things“, die offenbar den originalen Verichip vertreibt.

Dies klingt nicht gerade seriös und wendet sich unter dem Begriff „Biohacking“ noch immer an Außenseiter der Gesellschaft, die Zugang zu einer exzentrischen Cyborg-Welt in der Tattoo-Szene suchen. Das wird aber nicht die Zukunft dieser Technologie sein.

Die Technologie könnte bei einem seriösen Umgang durchaus Chancen bieten für Manager in der New Economy, die sich kritisch den Vorteile im Leading Management der Cyborg-Welt annähern wollen, zumal die RFID-Technologie in der Industrie 4.0 schon ausgiebig extrapersonal genutzt wird.

Ich kann mir vorstellen, dass hier eine hybride Informationskooperation zwischen den „Maschinen“ der New Economy-Industrie und Menschen mit dem Bedürfnis nach einem schnellen, direkten Personal-Management-System entstehen kann, wenn das Prinzip in die richtigen Hände kommt.

Das trifft auch für persönliche medizinische Bereich zu (siehe Abschnitt 4.6.3).

Manager können Transponder-Implantate tragen, die sie direkt und ohne Umwege mit den hierarchischen Personal- und Prozessebenen ihrer Firma verbinden, dort informierend und regelnd wirken.

Das von mir hier thematisierte Vorgehen der digitalen Transformation wurde schon auf der CEBIT 2016 aktuell.

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Quelle: http://www.cebit.de/de/news/zukunftstechnik-die-unter-die-haut-geht.xhtml

Chip-Transponder als „Lebensretter“: Notfallausweis

Ich kann mir bei der gegenwärtigen Diskussion über Nutzen und Risiken von Cyborg-Implantaten vorstellen, dass der folgende Vorschlag auf Widerstand stoßen wird. Das wird man aber durch Aufklärung beheben können, was ich im Folgenden versuche:

Ich plädiere dafür, dass der Bürger sich einen sicheren Chip (Transponder) in die Hand implantieren lässt.

Auf diesem Chip sollten folgende Datenvorhanden sein:

  • komplette Adresse mit Geburtsdatum
  • komplette Daten von Angehörigen
  • Gesundheitsdaten mit medizinisch relevanten Risiken, Medikamente
  • Hausarzt, Notfallarzt, bekannte Klinik
  • Patientenverfügung

Diese Daten können im Zweifelsfall lebensrettend sein. Insbesondere die „Patientenverfügung“ ist wichtig, damit im Notfall das Richtige getan und das Unerwünschte unterlassen wird.

Manche Bürger tragen „Notfallausweise“ bei sich:

Die Empfehlungen lauten:

„Wie Sie sehen, sollte der Europäische Notfallausweis (ENA) nicht nur auf Reisen, sondern tagtäglich ein steter Begleiter in Ihrem Portemonnaie sein.

[…]

Der Ausweis passt in jede Tasche und kann lebensrettend sein. Für Helfer enthält er alle wichtigen Informationen, um im Notfall schnell und richtig zu handeln: Name und Adresse, Telefonnummern, Angaben zu Impfungen, medikamentösen Behandlungen und Erkrankungen.“

Man kann also erkennen, dass diese Ausweise in jeder Tasche oder jedem Portemonnaie zur Verfügung stehen sollten. Dort aber sind sie weder vor Verlust noch Missbrauch durch Diebstahl geschützt oder im Notfall nicht auffindbar.

Der Chip liegt aber absolut sicher implantiert, geht nicht verloren und kann von keinem Unbefugten oder Dritten „ausgelesen“ werden. Dieses befürchtete Risiko besteht sicher nicht, wohl aber die Ängste davor.

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Der Implantausweis kann nur mit einem Smartphone „ausgelesen“ werden, das in etwa 2-3 mm über den Chip platziert werden muss, also ein starker Sicherheitsabstand gegen Missbrauch. Ein solcher Chip könnte nur durch Gewalteinwirkung und Überwältigung ausgelesen werden.

Davon sollten wir im Notfall nicht ausgehen.

Ich plädiere dafür, einen solchen Transponder allgemein verfügbar zu machen, die Daten sicher darauf zu platzieren und ihn zu implantieren.

Die Industrie wird aufgefordert, ein solches Implant bereitzustellen. Die Ärzteschaft wird aufgerufen, sich in der einfachen und risikolosen Implantationstechnik auszubilden und die Aufklärung über Risiken, Ängste und Vorteile zu betreiben sowie gegen Vorurteile aufzuklären.

Ein neues ambulantes medizinisches Versorgungssystem mit artifizieller Intelligenz

Die digitale Medizin wird in spätestens 10 Jahren den jetzigen Medizinbetrieb komplett abgelöst haben und Strukturen aufweisen, wie sie in Industrie 4.0 bereits vorgegeben werden. Die medizinische Versorgung im ambulanten Bereich wird eine höchst personalisierte Medizin („Individuum Based Medicine“) anbieten mit unmittelbarem, sofortigem Zugang zum medizinischen Weltwissen, zu einer algorithmisch geleiteten Diagnostik und einer durch Deep Learning vorgeschlagenen Therapie. Diese wird durch humane Vision spezialisierter Ärzte der neuen Generation sanktioniert.

Diese ambulante Medizin wird in spezialisierten digitalisierten Zentren angeboten.

Interessant ist, dass Google unabhängig von mir ein fast identisches System entwickelt hat.

Die Aus- und Fortbildung der meisten Ärzte entspricht nicht dem heute weltweit ubiquitär verfügbaren praktischen, wissenschaftlichen und technologischen Kenntnisstand. Deswegen ist die Versorgung von Kranken in weiten Teilen mangelhaft und teuer. Diese Feststellung ist allgemein gemeint. Sie ist länderspezifisch und regional zu bewerten. Gemeint ist aber, dass das gesamte medizinische Weltwissen heute eigentlich jedem Arzt zur Verfügung steht, nur wird es nicht genutzt. In einem Interview vor einigen Jahren nannte ich die Verfügbarkeit von digitalisierter Medizin einen „kritischen Umgang mit Hochwissen“.

Leider folgt die Aus- und Weiterbildung der Ärzte noch einem Studien- und Schulungsmodell, wie es seit Jahrhunderten und bis Anfang und Mitte des 20. Jahrhunderts verwendet wurde. Absurdes Symbol sind die immer noch stattfindenden Sezierkurse an Leichen, obwohl das heute viel besser mit virtueller Realität zu bewerkstelligen ist.

Digitalisierte Medizin, d. h. der kritische Umgang mit dem und die Anwendung des vorhandenen medizinischen Weltwissens, wird nirgends gelehrt, ist aber nicht nur Zukunft, sondern heute schon präsent. Es müssen nur neue Strukturen zu ihrer allgemeinen Verfügbarkeit geschaffen werden. Ich gebe in Abschnitt 4.7.2 ein „Denkmodell“ vor.

Ablösung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung: Neues Qualitäts- und Honorarsystem

Die bisherige „Kassenärztliche Bundesvereinigung“, eine seit Langem umstrittene, äußerst kostspielig aufgeblasene Organisation, der seit Jahrzehnten keine befriedigendes Zusammenspiel zwischen Patient, Arzt, Qualität und zweckgerechter Honorierung gelungen ist, wird abgelöst werden.

Sie hat zu Frustration bei Arzt und Patient geführt, mit der Konsequenz, dass die ambulante Medizin in Misskredit gekommen ist.

Die Qualitätsmaßnahmen, die in dem von mir im Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums durchgeführten Forschungsprojekt zum transparenten Qualitätsmanagement vorgeschlagen wurden, wurden von der KVB nie umgesetzt.

Die Teilnehmer im neuen Versorgungssystem regeln die Kosten direkt mit den Versorgungskassen der Patienten durch Verträge, wie sie heute in der digitalisierten Geschäftswelt üblich geworden sind. Die Versorgungskassen treten in einen durch AI gesteuerten Wettbewerb. Es wird einen aktionsgerechten Kostenkatalog geben, nach welchem direkt, in real time, durch die neuen digitalen Methoden abgerechnet wird.

Lösungswege

Der Kenntnisstand des selbstständig berufsausübenden Allgemein- oder Facharztes, auch in sogenannten Ärztezentren, ist weit entfernt von der heute möglichen medizinischen Versorgung. Deswegen wird die freie Arztpraxis, ebenso wie die jahrelange Facharztausbildung mit unterschiedlicher Qualität, in spätestens 10 Jahren obsolet sein. Es bedarf eines neuen Arzttypus, der es in der Ausbildung gelernt hat, sich komplett der digitalisierten Medizin und des medizinischen Weltwissens zu bedienen und dieses am Patienten anzuwenden.

Kliniken müssen sich digital mit dem medizinischen Weltwissen und dessen Technologie vernetzen. Die direktoriale Leitung von Kliniken, auch an Universitätskliniken, muss komplett umstrukturiert werden, weg von Hierarchie zu Kompetenz, weg von wirtschaftlichen Eigen- und Fremdinteressen zu rein digitalisierter „individuenbasierter“ Medizin mit Hochwissen.

Hier zunächst ein Modell für eine ambulante urbane Versorgung in einem Primärhaus als „Check Point“ (Kundendienstmodell). Solche Einrichtungen gibt es nach Bedarf verteilt in städtischen Bezirken mit folgenden Arztfunktionen:

  1. „Gesprächsarzt“ (vorzugsweise mehrsprachig). Erste Anlaufstelle, um Symptome, Leiden und Biografie des Patienten in einer strukturierten Analyse, wie ich diese meinen Medizinstudenten gelehrt hatte, mit ausreichend Zeit zu dokumentieren.
  2. „Analytischer Arzt“. Dieser wertet die Daten des Gesprächsarztes aus und führt bedarfsgerechte körperliche Untersuchungen aus.
  3. „Technischer Arzt“. Dieser leitet nach diesen Unterlagen zu Laboranalytik, Genetik, Bildgebung, interventionellem Arzt, Pathologie/Histologie weiter.
  4. „Interventioneller Arzt“: ambulante Eingriffe.
  5. „Synthesearzt“. Dieser kann mit den Ärzten 1 bis 4 prozessual zusammenarbeiten. In diesem Prozess fasst er die gesamten Daten der Ärzte 1 bis 4 nach Fertigstellung zusammen und bereitet sie zur digitalisierten Analyse auf. Die Daten gehen komplett an einen „automatischen Arzt“, d. h. an einen AI-Server, der durch Deep Learning möglichst das gesamte medizinische Weltwissen gespeichert hat. Dort werden die Daten des Patienten analysiert. Der Synthesearzt kann dem „analytischen Arzt“ und dem „technischen Arzt“ prozessual zuarbeiten und Vorschläge machen, welche weiteren Daten durch geeignete zusätzliche Untersuchungen erfasst werden sollten. Es erfolgt vom „automatischen Arzt“ ein Bericht zu den möglichen Diagnosen, Therapien, Interventionen und evtl. weiteren notwendigen Veranlassungen.
    Diese werden vom Synthesearzt begutachtet und gegebenenfalls mit den Kollegen 1 bis 4 zu einer Strategie synthetisiert.
  6. „Mediatorarzt“ (rein digitale Bearbeitung).

Schmidhuber schreibt:

„Menschen, die bisher überhaupt keinen Zugang zu vernünftiger medizinischer Diagnostik [Autor: und Versorgung] hatten, werden wohl bald per Handy Bilder [Autor: und ihre Krankheitssymptome] an einen „Automatischen Arzt = AI“ senden können, der nur bei Bedarf menschliche Experten [Autor: Mediatorarzt] hinzuzieht, der auf diese Weise viel mehr und auch weit entfernte Patienten [Autor: nach dem Kenntnisstand des medizinischen Weltwissens] wird betreuen können.“

Solche Daten werden in Zukunft durch geeignete Tracker (siehe Abschnitt 4.3) Tag und Nacht generiert. Der Kunde/Patient entscheidet selbst darüber, ob, wann und an wen er die beim Mediatorarzt gespeicherten Daten weitergibt und/oder ob diese im „Checkpoint“ vorgestellt werden.

Datensicherheit ist hierbei noch ungelöstes Gebot in einer transparenten Welt, der sich auch die Medizin öffnen wird respektive schon geöffnet hat.

Es muss erst noch festgelegt werden, welche Daten zu Gesundheit und Krankheit in der digitalisierten transparenten Welt, z. B. nach dem Konzept der Smart City, überhaupt schützenswert sind. Die Realisierung des Smart-City-Konzeptes mit der digitalisierten Medizin ist schneller als die regulative ethische Exekutive.